Forderung nach Akademisierung

Hebammenberuf im Umbruch

Eine EU-Verordnung sieht vor, dass Hebammen ihre Ausbildung künftig mit dem Bachelor abschließen sollen. Dann muss die Ausbildung aber anders finanziert werden. Bislang kommen die Gelder aus einem Fonds, doch Universitäten sind Ländersache.

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BERLIN/STUTTGART. Der Deutsche Hebammenverband (DHV) hat sich erneut dafür eingesetzt, den Hebammenberuf zu akademisieren, warnt aber vor Hürden in Deutschland. So sei die Finanzierung der Ausbildung, die künftig an Universitäten angesiedelt sein soll, noch ungesichert. Bislang werden die Krankenhäuser dafür, dass sie für die praktische Ausbildung der Geburtshelferinnen Plätze zur Verfügung stellen, über einen Fonds im Krankenhausfinanzierungsgesetz bezahlt. Dies gelte aber nicht für Ausbildungen, die über die Universitäten und damit über die Länder laufen.

Länder und Bund verhandeln

"Wir wollen, dass das Krankenhausfinanzierungsgesetz so geändert wird, dass die Kliniken weiterhin aus diesem Fonds für die Ausbildungsplätze bezahlt werden", sagte ein DHV-Sprecher. Länder und Bund verhandelten diese Fragen gerade.

Hintergrund der Forderung des DHV ist eine EU-Verordnung, nach der bis 2020 der Hebammenberuf über einen Bachelor-Abschluss erlernt werden soll. Hebammenschulen müssten dann schließen oder sich Hochschulen angliedern. In Deutschland gibt es bereits in einigen Städten entsprechende Studiengänge.

Deutschland ist bei der Akademisierung innerhalb der EU ziemliches Schlusslicht. Die Akademisierung, die den Geburtshelferinnen die Arbeit in egal welchem EU-Land ermöglicht, ist inzwischen in so gut wie allen Mitgliedstaaten geschafft, außer in Estland, Lettland, Deutschland.

Der Hebammenverband (DHV) kritisiert schon lange einen Hebammenmangel in Deutschland und verweist auf die zunehmende Verschlechterung der Geburtshilfe. "Durch fortwährende Klinikschließungen, die Zentralisierung der Geburtshilfe und die Tatsache, dass zu wenig Hebammen Geburtshilfe anbieten, hat sich die Situation zunehmend verschärft", heißt es vom Verband.

Nur kurz im Beruf

Der Deutsche Hebammenverband (DHV) trommelt zwar unermüdlich und medial äußerst erfolgreich für die Nöte der Hebammen. Zahllose Frauen, werdende Mütter, Aktivistinnen unterschrieben Petitionen, gründeten Interessenverbände, lenkten schließlich auch das politische Augenmerk auf die prekäre Situation der Geburtshelferinnen und damit auch die der Schwangeren selbst, die kaum noch eine Hebamme zur Betreuung finden.

Aber die Probleme rund um schlechte Bezahlung, Arbeitsbelastung und hohe Haftpflichtprämien sind bis heute nur teilweise gelöst. Das zeigt auch eine aktuelle Analyse des Sozialministeriums in Stuttgart zur Lage der Geburtshilfe im Land Baden-Württemberg: Demnach bleiben Hebammen nur vier bis sieben Jahren im Beruf. Bundesweit sei die Verweildauer ähnlich kurz, sagt DHV-Sprecher Robert Manu.

In Baden-Württemberg hat sich auch gezeigt, dass die Versorgungsengpässe vor allem bei der Hebammenhilfe vor der Geburt bestehen. "Bis zu 51 Prozent der befragten Mütter berichteten von Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Hebamme", berichtete die Staatssekretärin im Landessozialministerium Bärbl Mielich (Grüne) beim Runden Tisch zur Geburtshilfe in Stuttgart. Dabei seien die Versorgungsengpässe im Land sehr unterschiedlich.

Dem nach wie vor fast magischen Ansehen ihrer Arbeit ist es vermutlich zu verdanken, dass die absolute Zahl der Hebammen laut DHV trotzdem steigt. Die Zahl der Bewerberinnen auf einen Ausbildungsplatz hat sich allerdings über die Jahre halbiert: Von zwischen 10 bis 12 auf etwa fünf Interessenten pro Lehrstelle. Außerdem steigt die Geburtenrate. Die Folge: Hebammen fehlen überall.

Während also neue Probleme längst am Horizont aufgetaucht sind, harren alte Probleme weiterhin der Lösung: Zwar gilt seit Kurzem, dass Beleghebammen nur noch zwei Gebärende gleichzeitig betreuen dürfen. "Angestellte Hebammen müssen sich aber weiterhin um fünf bis sechs Frauen gleichzeitig kümmern", moniert der Deutsche Hebammenverband.

Unterdessen ist die Zahl der Hebammen in Deutschland sogar leicht gestiegen. Rund 11 100 Hebammen und Entbindungspfleger halfen 2016 in deutschen Krankenhäusern bei der Geburt, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. 2015 waren es rund 11 000, ein Jahr zuvor seien es rund 10 800 gewesen. 85 Prozent der Kräfte (9300) – unter ihnen lediglich vier Männer – waren 2016 fest angestellt. (chb/dpa)

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