Bayerns Kammer-Vize Botzlar

„Heilpraktiker haben keine wirkliche Existenzberechtigung“

Die im Koalitionsvertrag festgelegten Pläne, den Beruf des Heilpraktikers auf den Prüfstand zu stellen, haben die Diskussion um dessen Zukunft angeheizt. Bayerns Kammer-Vize hat eine eindeutige Meinung.

Von Birgit Fenzel Veröffentlicht:
Hat eine dezidierte Meinung zum Heilpraktikerberuf: BLÄK-Vize Dr. Andreas Botzlar.

Hat eine dezidierte Meinung zum Heilpraktikerberuf: BLÄK-Vize Dr. Andreas Botzlar.

© Marburger Bund

München. Kügelchen statt Pillen – die Dienste von Heilpraktikern erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Nach Auffassung des Vizepräsidenten der Bayerischen Landesärztekammer reicht dies nicht aus, um den Beruf des Heilpraktikers zu legitimieren. „Bloß weil die Leute gerne hingehen, heißt das nicht, dass das auch gut für sie ist“, so Dr. Andreas Botzlar zur „Ärzte Zeitung“. In einem Hintergrundgespräch in München hatte er seine Position noch eindeutiger dargelegt: „Wenn man es genau nimmt, gibt es für Heilpraktiker keine wirkliche Existenzberechtigung.“

Kammervize vermisst wissenschaftliche Grundlagen

Als Grund für dieses harte Urteil nannte er fehlende wissenschaftliche Grundlagen. Während Ärzte ihre Patienten nur mit Methoden untersuchen und behandeln sollen, deren Nutzen nachgewiesen ist, fehle dieser für die meisten, der von Heilpraktikern bevorzugten Verfahren.

Die Ursache für die große Popularität der Heilpraktiker sieht er woanders: „Sie unterhalten sich lange mit Patienten“, so Botzlar. Aufgrund der zunehmenden Ökonomisierung könne dies in der ärztlichen Praxis häufig nicht mehr in diesem Ausmaß geleistet werden. „Wir würden uns wünschen, dass uns das System künftig dafür wieder mehr Raum gibt.“

In der Diskussion um die Zukunft des Heilpraktikerberufs fordert Botzlar von der Politik klare Entscheidungen. Zum Beispiel zur Ausbildungssituation. Wer Heilpraktiker in Deutschland werden will, braucht dazu eine staatliche Erlaubnis. Um diese zu erhalten, muss derzeit lediglich eine Prüfung abgelegt werden, für deren Anmeldung ein Mindestalter von 25 Jahren und ein Hauptschulabschluss ausreichen.

Ihm fehle das Verständnis dafür, dass es einen Gesundheitsberuf mit einem großen Handlungsspielraum gebe, ohne dass für diesen Beruf eine Ausbildung vorgeschrieben werde, so Botzlar. Zu klären wäre auch die Frage, wie der Schutz vor schwarzen Schafen aussehen könne. „In der Medizin haben wir dafür ein Berufsrecht, so etwas fehlt bei den Heilpraktikern.“

Heilpraktikerverband teilt manche Kritikpunkte

Die scharfen Worte des BLÄK-Vize findet Wolfgang Hegge, der Vorsitzende des Heilpraktikerverbandes Bayern, wenig treffend. „Grundsätzlich sei man in einigen Punkten mit dessen Kritik konform“, so Hegge zur „Ärzte Zeitung“. Speziell, was die Forderung nach einer verbesserten und einheitlichen Regelung der Ausbildung betrifft.

Auch bei der Sicherung der Qualifikation in der Alternativmedizin kann er den Forderungen beipflichten. „Wir brauchen bundesweite Standards in diesem Bereich – das gilt für Mediziner und Heilpraktiker gleichermaßen“, betont Hegge. „Die derzeitige Zusatzausbildung von Ärzten in der Naturheilkunde ist ebenfalls unzureichend.“

Doch auch deren Zukunft ist ungewiss: Inzwischen haben drei der insgesamt 17 deutschen Landesärztekammern entschieden, die Zusatzbezeichnung Homöopathie aus der ärztlichen Weiterbildungsordnung zu streichen. Im Freistaat ist das nach Worten einer Sprecherin der Bayerischen Landesärztekammer derzeit nicht geplant. „Die Zusatzausbildung Homöopathie bleibt bestehen. Wie lange noch, kann ich aber nicht sagen.“

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Kommentare
Roswitha Poppel 27.01.202010:14 Uhr

Zitat Dr. Botzlar: „Bloß weil die Leute gerne hingehen, heißt das nicht, dass das auch gut für sie ist". Fragen wir doch einmal die "Leute". Viele davon haben eine akademische Ausbildung (nicht nötig, um klar Entscheidungen treffen zu können), sprechen wir auch diesen "Leuten" jede Urteilsfähigkeit ab ? Es gibt und gab Staaten, welche ihren Bürgern vorschreiben, welche Therapie sie in Anspruch nehmen dürfen bzw. welche Therapie überhaupt angeboten werden darf. Das waren z.B. undemokratische Staatsformen wie wir sie in der DDR und besonders auch in China unter Mao Tse Tung. Aber das wollen wir doch nicht in Deutschland und nicht in Europa ? Seien wir froh, dass wir in einer Demokratie leben, gute Bildungsstrukturen haben und die Menschen frei sind, zu entscheiden, welche Therapie bei wem sie wahrnehmen möchten.
Jeder Mensch mit einem Leiden möchte ernst genommen werden, aber nur eine "Unterhaltung" mit dem Patienten reicht nicht aus. Das würde ja die wissenschaftlich untermauerte Medizin überflüssig machen.
Bitte sprechen wir doch mit den "Leuten" endlich einmal oder ist das in einer Demokratie nicht mehr erwünscht ?

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