Höherer Zuschuss für Kassen deckt Defizit nicht

BERLIN (dpa). Gesetzlich Krankenversicherte müssen trotz des geplanten zusätzlichen Steuerzuschusses für die Kassen von 3,9 Milliarden Euro weiter mit Zusatzbeiträgen rechnen. Davon geht der GKV-Spitzenverband aus.

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Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) haben sich darauf verständigt, den Steuerzuschuss für die Kassen wegen krisenbedingter Ausfälle im kommenden Jahr einmalig um 3,9 Milliarden Euro zu erhöhen. Das war am Freitagabend bekanntgeworden. Das Kabinett und das Parlament müssen nach Angaben eines Sprechers des Finanzministeriums noch zustimmen. Damit werden im Jahr 2010 rund 15,7 Milliarden Euro Steuergelder in den Gesundheitsfonds fließen.

Der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, begrüßte die Pläne. "Es ist jedoch wichtig, auch die Ausgabenseite in den Blick zu nehmen." Die Einnahmen der Pharmaindustrie, der Krankenhäuser und der Ärzte dürften nicht ungebremst steigen. "Der am Ende verbleibende Fehlbetrag durch Kostensteigerungen und weitere krisenbedingte Einnahmeausfälle wird dann allerdings über kassenindividuelle Zusatzbeiträge oder aus Rücklagen aufgebracht werden müssen", sagte Lanz.

Experten bezweifeln, dass die Ausgaben für Ärzte, Arznei und Kliniken rasch gesenkt werden können. Offiziell wird das aus Einnahmeausfällen sowie Ausgabensteigerungen herrührende Defizit der Kassen im kommenden Jahr auf rund 7,5 Milliarden Euro geschätzt. Somit bliebe eine Lücke von 3,6 Milliarden Euro. Bei vielen Kassen könnte es daher Zusatzbeiträge für die Versicherten geben.

CSU-Chef Horst Seehofer erteilte FDP-Plänen für ein Prämiensystem im Gesundheitswesen erneut eine klare Absage. "Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir unser Gesundheitswesen durch eine einkommensunabhängige Prämie finanzieren", sagte er dem Magazin "Der Spiegel".

Der Vorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Norbert Klusen, äußert sich ebenfalls skeptisch zu einem Prämiensystem. Für eine für alle Mitglieder einer Kasse gleiche Prämie lasse sich argumentieren, die Beiträge für eine Haftpflicht- oder eine Lebensversicherung orientierten sich auch nicht am Einkommen, sagte er dpa. Es bleibe aber die Frage der Finanzierung.

Viel zu aufwendig sei es, die Prämie bei jedem einzelnen Mitglied einzuziehen, statt es beim heutigen Quellenabzug durch den Arbeitgeber zu belassen, sagte Klusen. Das wären jedes Jahr 500 bis 700 Millionen Euro Mehrkosten im Gesundheitssystem. "Ich würde das Geld lieber für die Patienten ausgeben."

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