Universitätsmedizin

Internisten machen Druck

Auch Politiker räumten bei der Abendveranstaltung beim DGIM-Kongress freimütig ein, dass die Lage der Universitätsmedizin Anlass zur Besorgnis geben muss.

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Festliche Abendveranstaltung beim Internistenkongress im Kurhaus von Wiesbaden.

Festliche Abendveranstaltung beim Internistenkongress im Kurhaus von Wiesbaden.

© Sven Bratulic

WIESBADEN. BDI-Chef Dr. Wolfgang Wesiack nahm bei der Abendveranstaltung beim 120. Internistenkongress am Sonntag in Wiesbaden kein Blatt vor den Mund: Eine Reform der GOÄ sei längst überfällig, mahnte er, und wies auf den Mangel an Wertschätzung hin, der viele Ärzte veranlasse, der kurativen Medizin den Rücken zu kehren.

"Wir Ärzte sind die zentralen Steuerer des Gesundheitssystems", stellte Wesiack klar. "Doch statt sie zu stärken, wirft man ihnen immer neue Knüppel zwischen die Beine."

Diesen Vorwurf wollte Hessens Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) eigentlich nicht auf sich sitzen lassen. Er positionierte sich klar zum Thema Transplantationsmedizin ("Ich bin für die Widerspruchslösung"), verzichtete aber auf eine Reaktion zu den Vorwürfen Wesiacks: "Das würde den Rahmen sprengen."

Verständnis für die Sorgen der Ärzte zeigte er allerdings ebenso wie seine Minister-Kollegin Doris Ahnen - mit Blick auf die schwierige Situation der Unikliniken, die bei dieser Veranstaltung besonders im Fokus standen.

"Alle Studien und Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass die Universitätsmedizin für den Gesundheitsbereich systemrelevant ist", sagte Ahnen (SPD), Ministerin für Bildung und Wissenschaft in Rheinland-Pfalz. "Das muss dann auch Konsequenzen im Finanzierungssystem haben."

Verständnis für "Extremkostenfälle"

Als ein Beispiel nannte Ahnen die sogenannten Extremkostenfälle. "Oft liegen Mehrfacherkrankungen vor, für die eine Standardisierung und eine adäquate Abbildung in den Fallpauschalen nicht möglich ist," sagte sie.

Diese Patienten würden meist in Unikliniken behandelt, "denn hier finden die Ergebnisse der Forschung am schnellsten direkt und unmittelbar Anwendung".

Ahnen würdigte die Tatsache, dass die Probleme der Universitätsmedizin auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD aufgenommen wurden. Sie äußerte sich positiv zu einer möglichen Einführung eines Systemzuschlags bei den DRG.

Kongresspräsident Professor Michael Manns warnte in seiner Rede vor Fehlentwicklungen in der Weiterbildung auf Kosten der Universitätsmedizin. "Angeblich ist die ärztliche Weiterbildung in den DRGs integriert und somit für das Krankenhaus vergütet. Aber zunehmend stellen vor allem private Krankenhausträger Fachärzte ein und nehmen immer weniger an der ärztlichen Weiterbildung teil", kritisierte er.

Pathologen als Vorreiter

In der Pathologie etwa finde die ärztliche Weiterbildung inzwischen fast ausschließlich in der Universitätsmedizin statt. Manns: "Ich bin sicher, dass weitere Fächer folgen. Auch die Innere Medizin mit ihren Schwerpunkten wird betroffen sein."

Die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer Dr. Martina Wenker warnte nicht nur mit Blick auf die Europawahlen vor einer zunehmenden Normierung ärztlicher Leistungen. Es könne nicht angehen, dass medizinische Verfahren und Gesundheitsdienstleistungen durch nicht-medizinische, privatwirtschaftliche Normungsorganisationen geregelt würden.

"Wir sagen ja zu Europa, aber nein zu den europäischen Bemühungen, das sensible Verhältnis zwischen Patienten und Ärzten auf ein durchschnittliches Mittelmaß zu standardisieren", stellte die Internistin klar. BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery konnte wegen einer Veranstaltung des Weltärztebundes in Japan nicht zum Kongress kommen.

Grüße aus Österreich kamen von Dr. Ralph Scheide, dem Botschafter der Alpenrepublik, die Partnerland des Internistenkongresses 2014 ist. Er wies darauf hin, dass der Kongress mehr seiner Landsleute nach Wiesbaden ziehe als zum eigenen Jahreskongress in Österreich.

Mit der Leopold-Lichtwitz-Medaille wurde der Kardiologe Professor Karl Werdan von der Uniklinik Halle ausgezeichnet. Die Medaille erinnert an den jüdischen Arzt Lichtwitz, der in der NS-Zeit seinen Vorsitz in der DGIM niederlegte und kurz darauf in die USA emigrierte.

Den Theodor-Frerichs-Preis erhielt der Erlanger Internist Professor Raja Atreya für die Entwicklung eines Sprays für die Darmschleimhaut, mit dem ein Therapieerfolg bei Morbus Crohn vorausgesagt werden kann. (fuh)

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