Junge Ärzte - fordernd, aber realistisch

Junge Ärzte sind begehrt. Erstaunt sind sie, dass dennoch viele in ihren Augen selbstverständliche Forderungen nicht umgesetzt werden.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

HAMBURG. Die Wunschliste junger Ärzte an die Bedingungen für die Ausübung ihres Berufes ist lang. Bessere Bezahlung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Anerkennung von Teilzeittätigkeiten für die Weiterbildung, auch wenn man weniger als eine halbe Stelle hat, sind nur einige Punkte auf dieser Liste.

Eine Diskussionsrunde des Hartmannbundes im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigte, dass junge Ärzte und Medizinstudenten ihre Forderungen heute selbstbewusst stellen und nicht einsehen, dass Arbeitgeber ihnen unzumutbare Bedingungen diktieren. Dabei bekommen sie Rückhalt von älteren Kollegen. "Sie sind in der stärkeren Position, Sie werden das Sagen haben", bekräftigte etwa Dr. Arnulf Dörner, Chefarzt aus dem Hamburger Krankenhaus Alten Eichen/Elim.

Das Selbstbewusstsein und die Forderungen der jungen Ärzte sind eng verknüpft mit dem steigenden Anteil an Frauen in der Medizin. Sie setzen sich für andere Rahmenbedingungen ein, um Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können. Das ist in vielen Krankenhäusern schon möglich. In Dörners chirurgischer Abteilung etwa sind Zweidrittel der Ärzte weiblich und auch auf Oberarztebene tätig. In manch anderer Klinik versuchen Chefärzte dagegen noch immer, Frauen ins Abseits zu stellen, wenn diese Beruf und Familie vereinbaren wollen. Eine Kollegin berichtete von einem Fall in Bayern, wo eine junge Mutter während ihres Dienstes zwei Mal täglich ihr Kind stillen wollte. Ihr Chef versetzte sie daraufhin in eine Abteilung mit einer Tätigkeit, die ihr für die Weiterbildungszeit nicht angerechnet wird.

Nicht jeder Wunsch junger Ärzte ist erfüllbar

Warum aber ist das deutsche Gesundheitswesen nicht längst so weit, dass Ärzten, die für die Patientenversorgung dringend benötigt werden, bessere Bedingungen geboten werden? Dr. Astrid Bühren sieht einen Grund in der eigenen Einstellung der Kollegen: "Wir sind ein konservativer Haufen", stellte die langjährige Vorsitzende des Deutschen Ärztinnenbundes fest. Bühren ist inzwischen im Vorstand des Hartmannbundes, der sich dem Thema junge Ärzte künftig verstärkt widmen wird.

Die Veranstaltung in Hamburg bildete den Auftakt zu Symposien, die sich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beschäftigen. Darüber hinaus will der Hartmannbund das Thema auf dem bevorstehenden Deutschen Ärztetag in Dresden diskutieren. "Die deutsche Ärzteschaft muss sich diesem Thema widmen", fordert Dr. Volker Harth. Der Vorsitzende des Arbeitskreises junge Ärzte im Hartmannbund kündigte an, dass sein Verband hierzu in Dresden Anträge einbringen wird.

Schon in Hamburg wurde aber auch deutlich, dass nicht jeder Wunsch erfüllbar ist. So wurde etwa angeregt, dass auch jeder Bereitschaftsdienst und jede Teilzeittätigkeit, auch wenn dies nur wenige Stunden in der Woche sind, auf die Weiterbildung angerechnet wird. Dr. Angelika Koßmann von der Ärztekammer Hamburg verwies auf die hiermit verbundene Gefahr, dass die Landesärztekammern diese Regelung noch unterschiedlicher als in der Vergangenheit regeln und damit ein Flickenteppich entsteht. Ein Wechsel von Ärzten zwischen den Kammerbezirken würde damit erschwert werden. Laut Musterweiterbildung wird Weiterbildung in Teilzeit anerkannt, wenn sie mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit beträgt.

Bedingungen sollten für und nicht gegen Ärzte sein

Davon weichen erste Kammern aber bereits ab. Laut Hartmannbund legen Nordrhein und Westfalen-Lippe den zeitlichen Umfang der Teilzeitweiterbildung nicht genau fest und ermöglichen die Anerkennung von Weiterbildungsabschnitten, die in weniger als der Hälfte der Regelarbeitszeit abgeleistet werden. In Mecklenburg-Vorpommern ist eine Anerkennung im Einzelfall auf Antrag möglich.

Trotz der langen Wunschliste zeigten die jungen Ärzte, dass solche Forderungen nichts mit Bequemlichkeit oder mangelnder Leistungsbereitschaft zu tun haben. Ein Medizinstudent formulierte es so: "Es gehört zum Arztsein dazu, viel Zeit für den Beruf zu opfern. Ich wünsche mir aber, dass das System nicht gegen, sondern für die Ärzte arbeitet."

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