Juristische Untiefen bei der Nutzenbewertung?

Bei der frühen Nutzenbewertung spielen die Kassen an zwei Schnittstellen eine aktive Rolle. Das könnte allerdings zu rechtlichen Problemen führen.

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Arznei unter der Lupe - mit Fallstricken.

Arznei unter der Lupe - mit Fallstricken.

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KÖLN (iss). Das Verfahren der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln hat einen Webfehler: Es schreibt den Krankenkassen sowohl eine aktive Rolle bei den Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu als auch bei den auf ihnen aufbauenden Preisverhandlungen.

Und zwar in den Fällen, in denen der Ausschuss von der Empfehlung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) abweicht. Darauf macht der Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft Dr. Johannes Bruns aufmerksam.

"Wenn der Bundesausschuss nicht das macht, was das IQWiG vorschlägt, gilt das Prinzip der Gewaltenteilung nicht mehr", sagte Bruns auf der MCC-Fachkonferenz "Onkologie 2012" in Köln.

Ändert der Ausschuss den Vorschlag des Instituts, ist der GKV-Spitzenverband daran direkt beteiligt. "Das ist juristisch kritisch, denn er kann damit die Bedingungen für die dann folgenden Preisverhandlungen mit der Pharmaindustrie verbessern", sagte Bruns.

Stand der Medizin nicht widergespiegelt?

Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre es, wenn die Preisfestsetzung für die bewerteten Arzneimittel auf einem anderen Weg erfolgen würde. Die Politik habe aber bewusst auf eine Festsetzung der Preise verzichtet und auf Verhandlungen gesetzt, sagte er.

Um eine zu starke Stellung der Krankenkassen zu verhindern, wäre eine andere Möglichkeit, dass sie sich bei den entsprechenden Beschlüssen des GBA enthalten. Das hält Bruns nicht für wahrscheinlich.

"Je häufiger es zu einer Diskrepanz zwischen den GBA-Beschlüssen und der IQWiG-Empfehlung kommen wird, desto stärker wird dieses Thema die Juristen umtreiben."

Die Problematik wird nach seiner Einschätzung dadurch verschärft, dass der Preis-Aspekt bei den GBA-Entscheidungen ohnehin eine zentrale Rolle spielt. "Wir sind noch lange nicht so weit, dass die Beschlüsse den Stand der Medizin richtig widerspiegeln", sagte er.

Auch spiele die Bedeutung der Arzneimittel in der Patientenversorgung eine viel zu geringe Rolle. "Bei der frühen Nutzenbewertung ist vieles noch nicht adäquat und versorgungsnah geregelt."

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