DMP

KV Nordrhein sieht "echten Behandlungserfolg"

Etwa 841.000 Patienten in Nordrhein sind aktuell in ein Disease Management Programm (DMP) eingeschrieben. Nach über zwölf Jahren DMP-Erfahrung zeigt sich hier: Die Programme können helfen, die Versorgung zu verbessern - in vielen Bereichen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Vor allem ältere Patienten könnten von einer Art Universal-DMP profitieren, meint KVNo-Chef Dr. Peter Potthoff.

Vor allem ältere Patienten könnten von einer Art Universal-DMP profitieren, meint KVNo-Chef Dr. Peter Potthoff.

© Klaus Rose

KÖLN. Angesichts der wachsenden Zahl älterer Patienten könnte die Einführung eines indikationsübergreifenden Disease Management Programms (DMP) Sinn machen, findet der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), Dr. Peter Potthoff.

"Die älteren Menschen haben in der Regel mehrere Krankheiten, das kann man nicht mit einem Einzel-DMP abbilden", sagte Potthoff der "Ärzte Zeitung".

Eine Art Universal-DMP würde nach seiner Einschätzung dazu beitragen, die Versorgung der multimorbiden Patienten zu verbessern. Dass die strukturierten Behandlungsprogramme positive Effekte haben, zeige die Erfahrung in Nordrhein, wo das erste Programm im Jahr 2003 angelaufen ist.

Spätkomplikationen zurückgegangen

"Es ist ein echter Behandlungserfolg, dass die schwerwiegenden Spätkomplikationen durch die DMP zurückgegangen sind", sagt Potthoff. Das belegt das DMP Diabetes mellitus Typ 2.

Laut dem DMP-Qualitätssicherungsbericht 2014 der KVNo ist bei Patienten mit einer diabetischen Neuropathie von 2003 bis 2014 die Häufigkeit einer Amputation von 268 auf 56 pro 10.000 Patienten zurückgegangen.

2005 benötigten von 10.000 Patienten mit einer diabetischen Nephropathie 84 eine Dialyse, im Jahr 2014 waren es 49. "Parallel hierzu verringert sich die Zweijahresinzidenz dieser Folgeschädigungen von der Einschreibekohorte 2003/4 mit 58,7 Fällen auf 29,1 Fälle pro 10.000 Patienten in der Kohorte 2011/12", heißt es in dem Bericht.

Im DMP Koronare Herzkrankheit ist danach die Inzidenz für das Neuauftreten eines kombinierten Endpunktes aus Herzinfarkt/akutem Koronarsyndrom, Schlaganfall oder Tod in der Einschreibekohorte 2010/2011 verglichen mit der 2004/2005 von 9,2 Prozent auf 5,2 Prozent gesunken.

Am DMP Diabetes Typ 2 nahmen 2014 in Nordrhein insgesamt 519.332 Patienten teil. Nach den aktuellen Daten zur Diabetesprävalenz entspricht das einer Teilnehmerrate von bis zu 96 Prozent.

Am DMP Diabetes Typ 1 beteiligen sich 24.432 Patienten, bei der Koronaren Herzkrankheit sind es bis 238.969, bei Asthma bronchiale 101.865, bei COPD 113.893 und bei Brustkrebs 14.469.

841.000 Menschen eingeschrieben

Insgesamt sind in Nordrhein rund 841.000 in einem oder mehreren der Programme eingeschrieben. Es beteiligen sich 6167 Ärzte aus 4505 Praxen und Ärzte in mehr als 100 Krankenhäusern.

Ein weiterer Vorteil der Versorgung in DMP besteht nach Ansicht Potthoffs darin, dass die Programme es den Ärzten erleichtern, Patienten leitliniengerecht nach den aktuellen Standards zu versorgen. Aktuelle Erkenntnisse würden schneller bei den Patienten ankommen und so die Behandlungsergebnisse verbessern. "Das ist ähnlich wie bei der Einbindung von Patienten in klinische Studien."

Die DMP seien bei den teilnehmenden Ärzten inzwischen gut in den Praxisalltag integriert, sagt der KVNo-Chef. Er würde es begrüßen, wenn es mehr Möglichkeiten der elektronischen Abwicklung gäbe. "Vieles ist zurzeit noch sehr umständlich."

Potenzial zur Weiterentwicklung

Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung wertet in Nordrhein die DMP-Dokumentationen aus und schickt den Praxen zweimal im Jahr einen Feedbackbericht. Dort können die Ärzte sehen, wie gut sie im Vergleich zu den Kollegen bei den qualitätsbezogenen Merkmalen abschneiden.

In den DMP schlummern darüber hinaus noch viele Informationen, die bislang nicht ausgewertet wurden, beklagt Potthoff.

Es wäre gut, wenn zu wissenschaftlichen Zwecken KVen und Kassen ihre Daten zusammenführen könnten. "Dann könnten wir beispielsweise die Kosten der Versorgung ermitteln."Weiterentwicklungsbedarf sieht Potthoff auch bei der Vergütung in den DMP.

Die ärztliche Leistung in den Programmen müsse besser honoriert werden, fordert er. Das sei wichtiger, als das Ausfüllen von Dokumentationsbögen zu bezahlen. "Es steckt viel Arbeit darin, die leitliniengerechte Versorgung in die Breite zu bringen und mit den Patienten intensiv zu interagieren."

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