Kasse im Bündnis mit Abtreibungsgegnern

Ein Willkommensbonus für die Geburt des eigenen Kindes: Diese Zusatzleistung einer Wiesbadener Betriebskrankenkasse hat es in sich. Denn die Bedingung: Die Versicherten müssen Mitglied bei einem Verein gegen Abtreibungen sein.

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Demonstration christlicher Abtreibungsgegner in Berlin: Eine BKK hat dieses Thema jetzt für sich entdeckt.

Demonstration christlicher Abtreibungsgegner in Berlin: Eine BKK hat dieses Thema jetzt für sich entdeckt.

© Thomas Lebie / imago

FRANKFURT/MAIN (Smi). 300 Euro erhalten Versicherte der Betriebskrankenkasse Industrie, Handel und Versicherungen (BKK IHV) in Wiesbaden bei der Geburt eines Kindes.

Voraussetzung ist die gleichzeitige Mitgliedschaft im Verein ProLife und die Zusicherung, "aus Gewissensgründen freiwillig auf Abtreibung" zu verzichten.

Die seit 2009 bestehende Kooperation zwischen der BKK IHV und ProLife stößt beim Bundesversicherungsamt auf Vorbehalte.

Wer die Internetpräsenz der BKK IHV besucht, wird an prominenter Stelle auf das Angebot von ProLife hingewiesen. Die Mitgliedschaft im Verein ist kostenlos.

Das "Baby-Willkommens-Geld in Höhe von gegenwärtig 300 Euro als freiwillige Leistung" erhielten auch Versicherte, die beim Kasseneintritt bereits schwanger sind.

Jedes Mitglied bestätige freiwillig, "nicht abzutreiben und niemanden zur Abtreibung zu drängen", heißt in den Bestimmungen.

Kritik von der Aufsicht

ProLife ist ein 1989 gegründeter Verein, der nach eigenen Angaben in der Schweiz 50.000 Mitglieder hat und Abtreibungen strikt ablehnt - selbst bei einer Vergewal tigung oder einer geringen Überlebenschance des Kindes.

Die Kooperation von ProLife Deutschland mit der BKK IHV ist bundesweit einmalig. Für Heinz-Werner Stumpf, Vorstand der BKK IHV, ist sie ein Ergänzungsangebot.

"ProLife vermittelt uns neue Kunden", so Stumpf im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung", "wir selbst sind weltanschaulich neutral." Daher stünden den Mitgliedern der BKK IHV auch alle gesetzlich vorgegebenen Leistungen zur Verfügung.

Stumpf kandidiert als Vertreter der Bürgerbewegung Pro Mainz, am 11. März für das Amt des Oberbürgermeisters von Mainz. Die Bewegung lehnt die Förderung islamischer Einrichtungen und den Bau von Moscheen ab.

Das Bundesversicherungsamt, das die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ausübt, beurteilt die Kooperation zwischen der BKK IHV und dem Verein ProLife kritisch.

Das Amt hat unlängst ein Prüfverfahren gegen die Wiesbadener Betriebskrankenkasse eingeleitet.

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