Kassen in Hessen uneins über Zukunft der Hausarztverträge

FRANKFURT/MAIN (fst). Für ein Urteil über die Wirksamkeit der Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung ist es nach Ansicht von Professor Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt, zu früh.

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"Anderenfalls vergleichen wir Äpfel mit Birnen", sagte Gerlach beim Hessischen Hausärztetag am Samstag in Frankfurt. Ein Seitenhieb, der der Bertelsmann-Stiftung galt. Diese hatte kürzlich Hausarztverträgen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt und deren Wirkung bezweifelt (wir berichteten). Die bisherige Evaluation der Verträge beruhe nur auf Routinedaten, zudem seien die Einschreibequoten bei den Verträgen sehr unterschiedlich. Dadurch aber ergäben sich statistische Verzerrungen, kritisierte Gerlach.

Der zuständige Projektmanager bei der Bertelmann-Stiftung, Jan Böcken, hat dagegen gefordert, die Hausarztmodelle müssten "stringenter" ausgestaltet sein. Widerspruch kam vom Gerlach: Erst müsse klargestellt werden, was überhaupt Kriterien für eine gute hausärztliche Versorgung seien. Es sei falsch, die hausärztliche Versorgung nur auf die Lotsenfunktion des Hausarztes zu reduzieren. Entsprechend könne der Vergleich des Anteils der Überweisungen vom Haus- an den Facharzt im Hausarztvertrag und in der Regelversorgung auch kein Gütekriterium für die Wirksamkeit der hausarztzentrierten Versorgung sein, so Gerlach.

Unterdessen ist bei den Krankenkassen kein einheitliches Meinungsbild zur hausarztzentrierten Versorgung erkennbar. Birgit Fischer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse, betonte beim Hausärztetag mit Blick auf die demografische Entwicklung die "Wichtigkeit der Grundversorgung". Die Barmer wolle die hausarztzentrierte Versorgung auf jeden Fall fortsetzen, kündigte Fischer an. Skeptischere Töne schlug Dr. Barbara Voß, Leiterin der Techniker Kasse in Hessen, an.

Gegenwärtig werde der Hausarztvertrag der Ersatzkassen evaluiert, teilte sie mit. Die Zwischenergebnisse aber seien nicht ermutigend. Bei der Inanspruchnahme von Leistungen gebe es im Vergleich zur Regelversorgung "erstaunlich wenig Veränderungen" -  sprich: Einsparungen seien nicht erkennbar.

Damit sei zur Zeit unsicher, ob der Ende 2008 auslaufende Hausarztvertrag der Ersatzkasse in Hessen fortgeführt werde. Der Vertrag müsse sich finanziell selbst tragen, forderte Voß. Es sei ausgeschlossen, zur Finanzierung ab 2009 einen Zusatzbeitrag von den Versicherten zu erheben.

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