Standpunkt zu Kassenfinanzen

Kein Feiertag für die Patienten

Vier Milliarden Euro Überschuss bei den Krankenkassen offenbaren vor allem eines: Am Ende zieht immer der Patient den Kürzeren. Denn: Statt um die beste Versorgung zu wetteifern, konzentrieren sich die Kassen nur noch darauf, Zusatzbeiträge zu vermeiden, meint Florian Staeck.

Veröffentlicht:

Der Autor ist Redakteur im Ressort Gesundheitspolitik. Schreiben Sie ihm: florian.staeck@ springer.com

Vier Milliarden Euro Überschuss in der Gesetzlichen Krankenversicherung, dies ist die Zahl des Tages. Sie wird eine seltsam digital anmutende Debatte befeuern: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) drängt die Kassen, einen Teil des Geldes als Prämie an die Mitglieder auszuschütten. Die Kassen halten dagegen und verweisen auf schwarze Wolken am Konjunkturhimmel.

Die Patienten kommen in dieser Diskussion, die scheinbar nur zwei Lösungen kennt, nicht vor. Für diese Merkwürdigkeit gibt es zwei Erklärungsansätze.

Der eine hat mit der seit Jahren schillernden ordnungspolitischen Ausrichtung der GKV zu tun. Politiker werden nicht müde, das Hohelied des Wettbewerbs zu singen, haben sogar - dem Namen nach - ein Reformgesetz diesem Ziel gewidmet.

Tatsächlich aber sind parallel Regulierung und Zentralisierung durch den Bundesgesetzgeber gewachsen - Stichwort Einheitsbeitrag.

Und auch jetzt weiß Gevatter Staat wieder am besten, was das Wahlvolk will - ein Irrtum, wie Umfragen von In fratest Dimap gezeigt haben: Die Hälfte der Befragten votiert dafür, die Überschüsse als Rücklage zu bunkern, nur 17 Prozent befürworten eine Prämien-Ausschüttung.

Der zweite Erklärungsansatz speist sich aus dem Schockerlebnis vieler Kassenmanager - der Kombination aus Finanzkrise und Zusatzbeiträgen. Dieses verkorkste Finanzierungsinstrument hat zusammen mit einem 2010 drohenden zweistelligen Milliardendefizit in der GKV als Innovationsbremse gewirkt.

Kassenmanager haben sich radikal auf die Vermeidung eines Zusatzbeitrags konzentriert. Alle Versorgungsmodelle, die sich nicht in kürzester Zeit refinanzieren ließen, verschwanden in der Schublade. Dies gilt bis heute.

Das Regime der Zusatzbeiträge verhindert die Suche nach neuen Wegen effizienter und qualitativ hochwertiger Versorgung.

Vor diesem Hintergrund ist das Hickhack um die Beitragsmilliarden eine Scheindiskussion. Sie lenkt ab von den verheerenden Folgen eines Preiswettbewerbs, den die Politik ausgelöst hat - zu Lasten der Patienten.

Lesen Sie dazu auch den Bericht: Krankenkassen im Glück - Frau Holle lässt Gold regnen

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gastbeitrag zum Hauptstadtkongress

Innovation ist kein Nice-to-have – sondern ein Muss

Beschluss des G-BA

Lungenkrebs-Screening wird Kassenleistung

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Blutzuckervariabilität

Wie die Time Below Range das Diabetes-Management verbessert

Vor der Ferienzeit

Beratungsfall Reisemedizin: Worauf es im Patentengespräch ankommt

Lesetipps
Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Eine Frau liegt auf dem Sofa und hält sich den Bauch.

© dragana991 / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Schmerzerkrankung

Endometriose-Leitlinie aktualisiert: Multimodale Therapie rückt in den Fokus