Reha vor Pflege

Klinikbetreiber fordern mehr Kompetenzen für Hausärzte

Private Klinikbetreiber bemängeln, dass der Grundsatz "Reha vor Pflege" nicht ausreichend umgesetzt wird. In einem Schreiben an Abgeordnete des Bundestages fordern sie, die Rolle des Hausarztes bei der Verordnung von Reha-Leistungen per Gesetz zu stärken.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:

BERLIN. Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) fordert ergänzende gesetzliche Regelungen, um Menschen, denen Pflegebedürftigkeit droht, besser zu unterstützen. Notwendig sei, den "strategieanfälligen Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen" im Paragrafen 40 SGB V zu streichen, heißt es in einem Schreiben Ende August an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses.

Die Änderung zielt darauf ab, der Reha-Verordnung des Hausarztes mehr Gewicht zu geben. Auch sollten die Krankenkassen darin eingeschränkt werden, "Leistungen interessengetrieben nicht zu genehmigen".

In dem Brief, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt, kritisiert BDPK-Geschäftsführer Thomas Bublitz auch den aktuellen Gesetzentwurf zur zweiten Stufe der Pflegereform (PSG II): "Die Gefahr ist groß, dass die Chance vertan wird, altbekannte Schnittstellenprobleme zu beseitigen."

Knapp zwei Millionen Rehabilitationsleistungen wurden 2013 genehmigt. Der Anteil der geriatrischen Rehabilitationen lag bei 5,4 Prozent. Dass diese Quote zu niedrig ist, ist unter Experten unumstritten. Debattiert aber wird, wie der Grundsatz "Rehabilitation vor Pflege" in der Praxis besser umgesetzt werden könnte.

Problem an der Schnittstelle

Der BDPK sieht die zentrale Hürde im "Schnittstellenproblem zwischen Kranken- und Pflegeversicherung". Bislang profitieren die Krankenkassen nicht, wenn sie die Reha-Leistungen genehmigen, sondern schonen allenfalls das Budget der Pflegekassen.

Auch mit einem neuen Begutachtungsverfahren, so Thomas Bublitz, werde ein Reha-Bedarf eventuell besser erkannt, jedoch nicht unbedingt in einer Reha-Leistung auch umgesetzt. Mögliche Lösungen, etwa die Pflegekassen selbst zu Reha-Träger zu machen oder den Krankenkassen die Kosten für Reha-Leistungen zu erstatten, seien bislang in der bevorstehenden Pflegereform nicht eingelöst worden, bedauert Bublitz.

Pflegebedürftigkeit aufschieben

"Die Möglichkeiten der Krankenkassen, Reha-Leistungen interessengetrieben nicht zu genehmigen, müssen eingeschränkt werden. Eine solche Regelung bietet den Vorteil, dass bei den Patienten frühzeitig, noch deutlich vor der Antragstellung versucht werden kann, drohende Pflegebedürftigkeit zu verschieben", schreibt Bublitz an die Parlamentarier.

Im Gesundheitsministerium verweist man auf das neue Begutachtungsverfahren zur Pflegebedürftigkeit, das mit dem PSG II eingeführt werden soll. Denn dies schließe auch ein, deutlich mehr Rehabilitationsempfehlungen auszusprechen, antwortet Ingrid Fischbach (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im BMG, in einem Schreiben.

Fischbach zweifelt indes daran, dass Paragraf 40 SGB V geändert werden muss. Rund 80 Prozent der Reha-Leistungen hätten die Krankenkassen doch 2014 genehmigt.

Der BDPK möchte differenzieren und hält dagegen: 70 Prozent der gestellten Anträge waren laut GKV-Statistik Anschlussrehabilitationen (AHB) und deren Ablehnungsquote betrug in der Tat nur acht Prozent.

Die Ablehnungsquote aber bei den sogenannten Heilverfahren, die nicht im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt, sondern aus der vertragsärztlichen Versorgung heraus erfolgten, lag hingegen mit 34 Prozent weit darüber.

Bublitz zeigt sich überzeugt, dass ältere Menschen rehabilitativ unterversorgt sind. Die Sorge, ein größerer Entscheidungsspielraum der Hausärzte könnte die Finanzbasis der Kassen gefährden, teilt er nicht. "Alle Krankenkassen geben bislang 0,21 Prozent ihrer Gesamtausgaben für jene Rehabilitation aus, die aus der ambulanten Versorgung heraus verordnet werden.

Das entspricht 155.000 Patienten. Selbst eine Verdoppelung der Zahl dürfte die Beitragssatzstabilität der Krankenkassen nicht gefährden", heißt es in dem Schreiben an den Gesundheitsausschuss.

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