Kritik aus Regierung

Weniger Organspender: Widerspruch gegen Lauterbachs Widerspruchslösung

Gesundheitsminister Lauterbach tritt erneut für die Widerspruchslösung bei Organspenden ein. Kritik kommt aus den eigenen Reihen: Das geltende Gesetz sei ja noch gar nicht umgesetzt.

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Um die Organisation der Organspende wird in Deutschland seit Jahren gerungen.

Um die Organisation der Organspende wird in Deutschland seit Jahren gerungen.

© Jens Kalaene /picture alliance

Berlin Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erhält wegen seines erneuten Vorstoßes zur Neuregelung der Organspende Widerspruch aus den Reihen der Ampel-Koalition. Zugleich teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit, dass das geplante Online-Organspenderegister voraussichtlich im ersten Quartal 2024 an den Start gehen werde. Es sollte ursprünglich bereits am 1. März 2022 einsatzbereit sein.

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Lauterbach hatte sich in der vergangenen Woche mit Blick auf zurückgehende Organspende-Zahlen erneut für die Einführung einer Widerspruchslösung stark gemacht. Danach wäre jeder Bundesbürger ein potenzieller Organspender, außer er hat ausdrücklich widersprochen. Eine entsprechende Reformforderung war 2020 im Bundestag gescheitert. In Deutschland gilt derzeit, dass nur derjenige Organspender sein kann, der dem zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat.

Lauterbach: Zustimmungslösung ist gescheitert

2020 hatte der Bundestag zugleich weitere Maßnahmen beschlossen, die zu mehr Aufklärung und einer höheren Spendenbereitschaft in Deutschland beitragen sollten, darunter mehr Informationen in Bürgerämtern und Führerscheinausgaben sowie das Organspenderegister. „Das geltende Gesetz ist gescheitert“, betonte Lauterbach vergangene Woche.

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Die Gesundheitsexpertin der Grünen im Bundestag, Kirsten Kappert-Gonther, sagte dazu der „Welt“ (Mittwoch): „Ein Gesetz für gescheitert zu erklären, bevor es umgesetzt wurde, ist verfrüht.“ Lauterbachs Aufgabe sei es, im Schulterschluss mit den Ländern die vom Bundestag beschlossenen Maßnahmen zügig und umfassend umzusetzen. „Anzunehmen, dass die Widerspruchsregelung hier den entscheidenden Unterschied macht, ist nicht schlüssig.“

Abgeordnete dringen auf Strukturreformen

Der Organspende-Weltmeister Spanien zeige: Nicht die Einführung einer Widerspruchsregelung, sondern Strukturreformen Jahre später machten den entscheidenden Unterschied, betonte Kappert-Gonther: „Der Bundestag hat mit breiter Mehrheit festgestellt, dass Menschen nicht automatisch zu Spendern erklärt werden sollen. Schweigen darf nicht Zustimmung bedeuten.“

Auch Christine Aschenberg-Dugnus, parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion, bemängelte: „Ursächlich für den Rückgang der Bereitschaft zur Organspende ist nicht das Gesetz. Es hakt hier vielmehr an seiner konkreten Umsetzung“, so die Gesundheitsexpertin. „Wir müssen jetzt dringend den Aufbau eines Transplantationsregisters sowie die Informationspflicht bei den Bürgerämtern voranbringen.“ Auch sei die ärztliche Aufklärung über die Organspende wieder zu intensivieren. (KNA) e

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