Erinnern und Mahnen

Neue Gedenkstätte für jüdische Ärzte eingeweiht

Vor 1933 waren von 3600 Berliner Kassenärzten 2063 jüdischer Herkunft. 1938 wurde ihnen die Approbation entzogen. Die KV Berlin hat am Mittwoch ihre neue Gedenkstätte für jüdische Kassenärztinnen und -ärzte eingeweiht.

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Dr. Manfred Richter-Reichhelm (links), ehemaliger KV Berlin und KBV-Vorstand und Dr. Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der KV Berlin vor der neu konzipierten Gedenkstätte.

Dr. Manfred Richter-Reichhelm (links), ehemaliger KV Berlin und KBV-Vorstand und Dr. Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der KV Berlin vor der neu konzipierten Gedenkstätte.

© KV Berlin

Berlin. Die KV Berlin hat am Mittwoch ihre neue Gedenkstätte für jüdische Kassenärztinnen und -ärzte eingeweiht. Sie erinnert an die Kassenärzte, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, entrechtet, ins Exil getrieben oder getötet wurden. Die Gedenkstätte schließt eine Installation ein, welche die Opfer der NS-Zeit mit ihrem Namen würdigt. Von den damals 3600 Kassenärzten waren laut KV 2063 jüdischer Herkunft. Ihre Tätigkeit wurde sukzessive eingeschränkt, bis ihnen 1938 die Approbation entzogen und damit ein Berufsverbot erteilt wurde. Das in der Erinnerungsstätte ausgelegte Gedenkbuch „Berliner jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus“ zeichnet die Lebenswege der verfolgten Mediziner nach.

„Es ist der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin ein großes Bedürfnis, nicht zu vergessen und an unsere jüdischen Kolleginnen und Kollegen zu erinnern, die 1938 ein Berufsverbot erhalten haben. Viele von ihnen haben unendliches Leid erfahren und mussten ihr Leben lassen. Dieses dunkle Kapitel der Ärzteschaft, in das auch die Vorgängerorganisation der KV Berlin involviert war, darf niemals in Vergessenheit geraten“, mahnt Dr. Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der KV Berlin. Ruppert erinnerte an den vor zwei Jahren verstorbenen Berliner Arzt Dr. Roman Skoblo, der das Projekt 2001 initiiert und sich dieser Aufgabe mit großem Einsatz gewidmet habe.

Vorreiterrolle bei der Aufarbeitung

„Gegen das Vergessen, gegen das Verdrängen, gegen das Verharmlosen, gegen das Verschweigen – das waren die Leitmotive von Roman Skoblo“, sagt der ehemalige Berliner KV-Chef Dr. Manfred Richter-Reichhelm. Er hat das Projekt damals begleitet und erinnerte an die Entstehungsgeschichte Anfang der 2000er Jahre. „Roman Skoblo sagte damals zu mir: Wer seine Fehler nicht kennt, läuft Gefahr, sie zu wiederholen. Es war damals mehr als an der Zeit, sich diesem dunklen Kapitel der Ärzteschaft zuzuwenden. Vertreterversammlung und Vorstand der KV Berlin waren sich einig, sich dieser Aufgabe anzunehmen und die Verflechtungen und Aktivitäten der Vorgängerorganisation, der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands in Berlin, zu untersuchen und zu veröffentlichen“, so Richter-Reichhelm.

Der Einrichtung der Gedenkstätte vorangegangen war ein Forschungsprojekt, das 2005 vom Verband jüdischer Ärzte und Psychologen initiiert wurde. Gemeinsam mit dem Verband hatte die KV Berlin begonnen, ihre Rolle im Nationalsozialismus aufzuarbeiten und hat damit eine Vorreiterrolle unter den Kassenärztlichen Vereinigungen eingenommen.

Die umgestaltete Gedenkstätte im Foyer der KV Berlin in der Masurenallee 6 a in Berlin-Charlottenburg steht der Öffentlichkeit zu den Öffnungszeiten der KV Berlin zur Besichtigung offen. (eb)

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