Ohne Konzept gegen Demenz

Auf Kliniken kommt mit der steigenden Zahl von Demenzpatienten eine Mammutaufgabe zu. Gerüstet sind sie dafür allerdings nicht.

Veröffentlicht:
Nicht locker lassen: Die Kliniken müssen bei Demenz noch nacharbeiten.

Nicht locker lassen: Die Kliniken müssen bei Demenz noch nacharbeiten.

© Anne de Haas / istockphoto

BERLIN (sun). Mehr und besser geschultes Personal, schnellere und differenziertere Diagnostik und Behandlung - die Krankenhäuser der Zukunft müssen sich besser auf die steigende Zahl demenzerkrankter Patienten vorbereiten. Aber noch fehlten Konzepte, kritisieren Experten.

"Zurzeit ist das Krankenhaus für die Patienten leider häufig noch eine Einbahnstraße ins Pflegeheim", sagte Professor Ingo Füsgen vom Zukunftsforum Demenz, einer Initiative der Pharmafirma Merz.

Daraus müssten entsprechende Konsequenzen gezogen werden. Zunächst müssten Ärzte in Diagnostik und Behandlung der Demenz besser geschult werden.

"Immer noch werden Demenzerkrankungen in Notaufnahmen - zum Beispiel nach einem Sturz - nicht erkannt", sagt Dr. Dag Schütz, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Geriatrie aus Velbert-Neviges.

Demenz sei, wenn überhaupt, in einem solchen Fall die Nebendiagnose, nicht die Hauptdiagnose. Das wirke sich auf die Statistik aus: Bisher hätten zehn bis 15 Prozent der Patienten in Kliniken eine demenzielle Erkrankung. Dieser Anteil sei zu niedrig.

Lernen, mit Menschen umzugehen

Aber auch das Pflegepersonal müsse besser ausgebildet werden, fordert Schütz. Schließlich bleibe die Hauptlast in der Versorgung demenzerkrankter Menschen an den Pflegekräften hängen.

Sie müssten lernen mit Menschen umzugehen, die möglicherweise verwirrt über die Krankenhausgänge laufen oder aggressiv werden. "Geschultes Personal spart aber wiederum langfristig Kosten. Schließlich werden Folgebehandlungen reduziert und mögliche Fehler vermieden", ergänzte Füsgen.

Die steigende Zahl Demenzerkrankter sei ein ökonomisches Problem, so der Chefarzt Schütz. Studien zufolge beträgt die Verweildauer eines Demenzerkrankten in einem Krankenhaus im Schnitt 18,7 Tage.

Zum Vergleich: Ein nicht demenzerkrankter älterer Mensch liegt durchschnittlich 11,6 Tage im Krankenhaus. In Zeiten von DRG werde dieser Mehraufwand jedoch nicht bezahlt. Die Betreuung Demenzerkrankter sei wesentlich zeitaufwendiger.

"Dieser Mehraufwand muss besser erfasst werden. Nur dann können Krankenhäuser den richtigen Personalschlüssel und die zusätzlichen Kosten richtig berechnen", forderte Schütz.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Nach Koronararterien-Bypass-Operation

Studie: Weniger postoperatives Delir durch kognitives Training

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen