Prävention vorrangig in Ärztehand - Experten skeptisch
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) plant eine bessere ärztliche Vergütung für die Prävention. Bei Fachleuten stößt dieser Vorstoß aber auf wenig Gegenliebe.
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Gesundheitsbildung von früh an: Schüler messen das Lungenvolumen mit einem Testgerät.
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BERLIN. Gesundheitsexperten zerpflücken die neueste Idee von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) in der Luft: Sein Vorschlag, die Prävention in Arztpraxen besser vergüten zu wollen, sei "katastrophal" und greife viel zu kurz. So das Fazit des ehemaligen Sachverständigenratmitglieds Professor Rolf Rosenbrock. Rösler drohe mit diesem Vorstoß die Erfolge der Prävention "zurück auf Null" zu setzen.
Rösler hatte zuvor für 2011 eine neue Initiative für mehr Gesundheitsvorsorge in Deutschland angekündigt. Vor allem Hausärzte und Pädiater sollen dabei eine zentrale Rolle spielen.
Der Gesundheitsminister verspricht sich davon, alle Bürger und Bevölkerungsschichten erreichen zu können. "Wenn Ärzte heute mit Patienten ausführlicher sprechen, haben sie eher Nachteile, weil das nicht entsprechend vergütet wird", sagte er der Nachrichtenagentur "dpa".
Rosenbrock hält diesen Ansatz zur Prävention, der lediglich eine bessere Honorierung von Ärzten vorsieht, für "fachlich verfehlt". Die Arztpraxis ist seiner Ansicht nach der falsche Ort, um bei Prävention anzusetzen. Es gehe vielmehr darum, Prävention sinnvoll im Alltag einzubinden - bei Kindern seien dies zum Beispiel Kindertagesstätten und Schulen.
Die dort vorhandenen sozialen Probleme "zu medikalisieren" sei der falsche Weg. Viel wichtiger sei es, mit Eltern und Kindern von Beginn an zusammenzuarbeiten. Dafür gebe es bereits unter anderem das Modell der Familienhebamme. Diese könnte direkt bei den Familien vor Ort agieren. Und genau dort müsse eine sinnvolle Prävention ansetzen, so Rosenbrock.
Die Präsidentin des Kneipp-Bunds, Marion Caspers-Merck, kritisierte Röslers Präventionsstrategie als "Honorarkosmetik". Man müsse anfangen, "Prävention endlich zu einer vollwertigen vierten Säule des Gesundheitswesens" auszubauen.
Präventionspolitik sei mehr als "reine Gesundheitspolitik". In eine "schlüssige Präventionsstrategie" müssten auch andere Ressorts eingebunden werden, sagte Caspers-Merk.
Kassen forderten, dass Prävention nicht eine "rein medizinische Domäne" werden dürfe. "Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die weit über Krankenkassen und Arztpraxen herausreicht", sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes Florian Lanz der "Ärzte Zeitung". Kassen legten einen Schwerpunkt auf so genannte Setting-Ansätze. Es gehe darum, dort "Prävention zu betreiben, wo Menschen ohnehin sind".