Praxisgebühr - hui oder pfui?
Der Gesundheitsminister lässt nicht locker: Daniel Bahr hat sich erneut für die Abschaffung der Praxisgebühr ausgesprochen. Die Union hält dagegen - und bekommt Unterstützung von ganz oben.
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Sau im Kreuzfeuer: Manch ein Politiker will ihr an den Kragen.
© Frank Rumpenhorst / dpa
BERLIN (af). Die Gesundheitspolitiker der Unionsfraktion lehnen eine ersatzlose Abschaffung der Praxisgebühr ab. Das hat der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Jens Spahn, am Freitag mitgeteilt.
Die Überschüsse im Gesundheitsfonds wollen die Mitglieder der "Arbeitsgemeinschaft Gesundheit" nicht antasten.
"Die beim Gesundheitsfonds liegende Rücklage muss zuvorderst als Vorsorge für wirtschaftlich schlechtere Zeiten dienen und darf daher nicht für kurzfristige Einmaleffekte verfrühstückt werden", erklärte Spahn am Rande einer Klausurtagung der CDU/CSU-Fraktion im bayrischen Niedernberg.
Damit liegen die Gesundheitspolitiker ganz auf der Linie der Kanzlerin. Die Abschaffung der Praxisgebühr sei für Angela Merkel im Moment kein Thema, hatte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin berichtet.
Das Geld der Versicherten solle zusammengehalten werden, um Zusatzbeiträge auch in der Zukunft nach Möglichkeit zu verhindern.
Bahr will nicht am Beitragssatz schrauben
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) spricht sich dagegen seit geraumer Zeit dafür aus, die Praxisgebühr zu streichen und den Beitragssatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung nicht anzutasten.
"Den Wegfall der Praxisgebühr spüren die Bürger mehr als eine kleine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge", sagte Bahr der Tageszeitung "Die Welt".
Der Ansatz, die Spendierhose im Schrank zu lassen, spiegelt sich auch in weiteren Überlegungen der Unions-Gesundheitspolitiker wider.
Eine Rücknahme der Zwangsrabatte auf die Produkte der Arzneimittelhersteller und des Sparbeitrags der Krankenhäuser soll es trotz der augenblicklich glänzenden Finanzlage des Fonds nicht geben.
Ohne Einschränkung ständen die Gesundheitspolitiker der Union zu den im GKV-Finanzierungsgesetz beschlossenen Sparmaßnahmen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll ebenfalls nicht von den Milliarden Euro Überschuss des Fonds profitieren dürfen.
"Eine generelle Kürzung des Bundeszuschusses an die gesetzliche Krankenversicherung lehnen wir aus grundsätzlichen Erwägungen ab", sagte Spahn.
Der Zuschuss diene dazu, versicherungsfremde Leistungen, also zum Beispiel die beitragsfreie Familienversicherung, zu bezahlen und sei daher nicht disponibel.
"Krankenkassen sind keine Sparkassen"
2011 hatte der Bund gut 15 Milliarden an den Fonds überwiesen. Ohne den Beitrag aus dem Bundeshaushalt hätte die Gesetzliche Krankenversicherung rote Zahlen geschrieben.
Anders verhalten sich die Unionspolitiker zu den Überschüssen, die einzelne Kassen aufgebaut haben. Dieses Geld sollte als möglicherweise auch einmalige Prämie in den Jahren 2012 und 2013 an die Versicherten ausgeschüttet werden. "Krankenkassen sind keine Sparkassen, das ist das Geld der Versicherten", sagte Spahn.
Sprecher der Kassen hatten bereits im März Prämienzahlungen abgelehnt. Dafür gebe es keinen Spielraum, sagte der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Professor Norbert Klusen. Die TK hat 2011 fast eine Milliarde Euro mehr eingenommen als sie ausgegeben hat.
Einen Erfolg können möglicherweise die Krankenhäuser verbuchen. Gehe es nach den Gesundheitspolitikern der Union, sollen sie 350 Millionen Euro zusätzlich erhalten.
Damit sollen sie unter anderem die Mehrkosten für die jüngsten Tarifabschlüsse ausgleichen können, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Samstag).