Schmerzversorgung erhält schlechte Noten

In Deutschland werden die allermeisten Patienten, die an Rückenschmerzen leiden, unzureichend versorgt. Dabei könnten gezielte Therapien hohe Folgekosten verhindern. Dies belegt der neue "Versorgungsatlas Schmerz".

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Viele Menschen leiden unter Rückenschmerzen: Sobald dieser chronisch auftritt, wird es für das Gesundheitssystem teuer. © Monkey Business / fotolia.com

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BERLIN. Im Laufe ihres Lebens haben etwa 85 Prozent aller Deutschen einmal Rückenprobleme, jeder Dritte davon einmal im Jahr. "Bisher wusste man zu wenig über die tatsächliche Versorgungssituation der Betroffenen", sagte Professor Gerd Glaeske, vom Zentrum für Sozialpolitik, anlässlich der Vorstellung des "Versorgungsatlas Schmerz" in Berlin.

Dieser entstand in Kooperation des Pharmaunternehmens Grünenthal und der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) und soll Rückschlüsse auf die aktuellen Versorgungsstrukturen und Krankheitskosten der Schmerzpatienten ermöglichen. Hierzu wurden Daten der DAK ausgewertet, die Aufschluss über Alter und Geschlecht der Betroffenen und die Art ihrer Rückenschmerzen - spezifische, nicht spezifische oder Bandscheibenerkrankungen - geben.

"Ein Problem ist die Fehlversorgung bei Schmerzpatienten", betonte Glaeske. Die Studie belege, dass die Behandlung der Patienten nicht immer optimal sei. Obwohl etwa einem Großteil der Rückenschmerzpatienten ein Schmerzmedikament verschrieben worden sei, hätten nur wenige Versicherte mit Rückenschmerzen eine ambulante oder stationäre multimodale Schmerztherapie, eine schmerzinduzierte Psychotherapie oder Rehabilitation erhalten

Weiteres Problem: Viele Menschen therapieren ihre Rückenschmerzen selbst. "In Deutschland werden jedes Jahr 160 Millionen Packungen Schmerzmittel verbraucht", so Glaeske. Davon werden mehr als 70 Prozent für eine Selbstmedikation genutzt. Man müsse den Patienten demnach geeignete Strukturen anbieten, die sie aufsuchen könnten.

Es sei vor allem wichtig, bestimmte Schmerzpatienten rechtzeitig zu identifizieren, ergänzte Professor Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der DAK. Durch den Einsatz geeigneter Therapieoptionen sei es möglich, einen schweren Verlauf, zu vermeiden.

Besonders die chronischen Schmerzen verursachten hohe Kosten. "Maßnahmen, die die Schmerzchronifizierung verhindern, könnten sich demnach in Kosteneinsparungen niederschlagen", so Glaeske. Um eine adäquate Versorgung der Schmerzpatienten zu gewährleisten, sei es sinnvoll, interdisziplinär zusammenzuarbeiten. Wichtig sei, dass jeder Patient eine auf ihn abgestimmte Therapie erhalte.

"Das ist aber sehr aufwändig, und im Praxis-Alltag kaum umsetzbar", sagte Professor Raimund Casser, Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes. "Für den Arzt ist aber auch frustrierend, Patienten nur zu verwalten und nicht zu heilen", betonte der Schmerzexperte.

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