Therapiegipfel

Spahn bleibt bei Frage der Akademisierung hart

Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich beim 2. Therapiegipfel in Berlin den Heilmittelerbringern gestellt. Eine Vollakademisierung lehnt er weiter ab, in anderen Fragen zeigte er sich verbindlich.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Arbeiten am Gelenk: Akademisierung und Direktzugang bleiben in der Schwebe.

Arbeiten am Gelenk: Akademisierung und Direktzugang bleiben in der Schwebe.

© contrastwerkstatt / stock.adobe.com

Berlin. Gesundheitsminister Jens Spahn und Vertreter der Heilmittelverbändebände bleiben weiter uneins in der Frage einer Vollakademisierung der therapeutischen Berufe. Ansonsten bekam der Minister beim 2. Therapiegipfel am Montag in Berlin rauschenden Applaus. Schließlich hat die Koalition für Einkommensverbesserungen bei den Therapeuten und für bundesweit gleiche Einkommenshöhen gesorgt.

„Wir haben bereits eine gute Ausbildung“, sagte Spahn. Eine Akademisierung der Heilmittelberufe könne daher nur eine Ergänzung der aktuellen Ausbildungswege sein. Die Akademisierung mache den Beruf attraktiv, weil sie den Absolventen der bisherigen Ausbildungsgänge Weiterentwicklungsmöglichkeiten eröffne.

Sie könne allerdings nicht Ersatz für die bisherige Ausbildung sein. „Wenn Sie`s anders haben wollen, müssen Sie auf einen anderen Minister warten“, schob er ein verklausuliertes Basta hinterher.

Forderungen nach mehr Akademisierung

Aus der Unionsfraktion dringen jedoch Stimmen, die mehr Akademisierung anmahnen. „Wir werden schon wegen des Akademisierungsgrades in anderen Ländern und den Erfordernissen einer europäischen Harmonisierung um die Akademisierung nicht herumkommen“, sagte Roy Kühne, Mitglied des Gesundheitsausschusses, der selber Physiotherapeut ist.

In diese Richtung argumentieren auch Vertreter der Opposition: „Die Schlüsselwörter lauten: Akademisierung und Direktzugang. In den meisten Ländern ist die Ausbildung akademisch, Patienten mit Beschwerden können direkt zur Therapeutin gehen, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Maria Klein-Schmeink am Montag.

Wenn Sie‘s anders haben wollen, müssen Sie auf einen anderen Minister warten.

Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, zur Forderung nach der Vollakademisierung

Spahn kündigte Eckpunkte für eine Reform der Therapeutenausbildung für Ende des Jahres an. Bis dahin solle die Bund-Länder-Arbeitsgruppe eine konsensfähige Grundlage für das Gesetzgebungsverfahren geschaffen haben. Umgesetzt werden könne das Gesetz dann im Jahr 2021.

Die Vorsitzende des Spitzenverbands der Heilmittelverbände Ute Repschläger trug die Forderung vor, die Modellstudiengänge zur Einführung des Direktzugangs von Patienten zu Therapeuten schnell aufzulegen und dann in den Regelbetrieb zu überführen. Spahn riet den Verbänden an dieser Stelle zu Geduld. Zunächst müsse die Einführung der Blankoverordnung umgesetzt werden. Sie soll im November 2020 eingeführt werden und den Therapeuten mehr Freiheiten bei der Wahl einer Therapie, ihrer Dauer und der Frequenz einräumen. Das alles wolle gut verhandelt sein, sagte Spahn.

Er wies darauf hin, dass beim Direktzugang mehr zu beachten sei. „Wer hat die Budgetverantwortung?“, fragte der Minister. Eine Entscheidungshoheit beim Heilmittelerbringer und die Budgetverantwortung bei den Ärzten werde es nicht geben.

Was heißt Arbeiten auf Augenhöhe?

Der Präsident der Landesärztekammer Sachsen Erik Bodendieck wies auf ein aus seiner Sicht fehlinterpretiertes Verständnis des Begriffs Augenhöhe hin. Das würde im Zusammenhang mit dem Direktzugang bedeuten, dass Ärzte und Therapeuten über einen vergleichbaren Ausbildungsstand verfügten.

„Das ist Quatsch“, sagte Bodendieck. Jeder habe in seinem Bereich einen Wissensstand, den der andere nicht haben könne. Beide Professionen müssten miteinander so am Patienten arbeiten, dass es denen nütze. Das werfe aber auch die Frage auf, wer die Haftung übernehme.

Trotz der bereits zum 1. Juli erfolgten Vergütungsverbesserungen sehen die Vertreter der Heilmittelverbände noch Luft nach oben. Um die Argumentationsgrundlage zu verbessern, wird derzeit ein Gutachten beim Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) erstellt – Kostenpunkt laut SHV-Angaben mindestens 60.000 Euro. Bis Ende Oktober können Praxisinhaber teilnehmen an der Analyse (www.wat-gutachten.de).

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