Pläne für Pflegereform

Spahn will Eigenanteil für stationäre Pflege auf 700 Euro deckeln

Die Kosten für Pflegebedürftige steigen und steigen. Jetzt will Gesundheitsminister Jens Spahn gegensteuern – und zugleich bessere Gehälter für Pflegekräfte durchsetzen. Kostenpunkt: Sechs Milliarden Euro pro Jahr.

Veröffentlicht:
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 1. Oktober im Deutschen Bundestag

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Donnerstag im Deutschen Bundestag

© Jörg Carstensen / dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den Eigenanteil in der stationären Pflege im Zuge einer Pflegereform begrenzen. „Mein Vorschlag ist, dass Heimbewohner für die stationäre Pflege künftig für längstens 36 Monate maximal 700 Euro pro Monat zahlen“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“ (BamS). „Das wären maximal 25.200 Euro. Zwar bleibt die Pflegeversicherung auch dann eine Teilkaskoversicherung. Aber der Eigenanteil wird berechenbar.“

Spahn begründete die geplante Deckelung mit den steigenden Kosten. Seit 2017 sei der monatliche Eigenanteil für die stationäre Pflege um durchschnittlich 238 Euro gestiegen. Dies werde „für immer mehr Familien zum Problem“, sagte der Minister. „Pflegebedürftige und ihre Angehörigen brauchen aber Planungssicherheit. Das schaffen wir, indem wir den Eigenanteil begrenzen.“

Tariflöhne sollen Pflicht werden

Insgesamt müssen Pflegebedürftige für die Heimbetreuung immer mehr aus eigener Tasche beisteuern. Im bundesweiten Schnitt waren zuletzt 2015 Euro pro Monat fällig, wie aus Daten des Verbandes der Ersatzkassen vdek (Stand 1. Juli) hervorgeht. Dabei gibt es aber große regionale Unterschiede.

In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege enthalten. Für Heimbewohner kommen bekanntlich noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und für Investitionen in den Heimen dazu. Die Kosten steigen dabei an allen Fronten. So erhöhte sich der rein pflegebedingte Eigenanteil zuletzt im bundesweiten Schnitt auf 786 Euro im Monat (siehe nachfolgende Grafik).

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Spahn will die Debatte über eine grundlegende Pflegereform in diesem Herbst neu starten. Dabei will er die Pflegeheime auch dazu bringen, ihre Angestellten besser zu entlohnen: „In der Pflege sollte mindestens nach Tarif bezahlt werden“, sagte er. Deshalb schlage er vor: „Um mit der Pflegeversicherung Leistungen abrechnen zu können, muss ein Pflegeheim oder ein Pflegedienst die Mitarbeiter in Zukunft nach Tarif bezahlen.“ Grundlage könne ein Haus- oder ein Branchentarifvertrag sein.

Nur geringe Tarifbindung in der Pflege

Für Hunderttausende Pflegekräfte bedeute dies deutlich mehr Gehalt: „Aufgrund des Fachkräftemangels sitzen die Pflegekräfte bei den Tarifverhandlungen am längeren Hebel.“ 2018 hätten nur 40 Prozent der Pflegeheime ihre Angestellten nach Tarif bezahlt, bei den ambulanten Pflegediensten seien es nur 26 Prozent gewesen. Spahn sagte: „Auch Urlaubsansprüche und Sonderzahlungen fallen deutlich geringer aus als angemessen. Das muss sich ändern.“

Nach den Worten Spahns wird die Pflegereform rund sechs Milliarden Euro pro Jahr kosten. „Ganz grob kann man sagen: Die Deckelung der Eigenanteile macht rund drei Milliarden Euro aus, die bessere Bezahlung der Pflegekräfte rund zwei Milliarden, die Leistungen für die Pflege zu Hause etwa eine Milliarde.“ Finanzieren möchte Spahn seine Reform mit einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt.

Von Seite der Krankenkassen kam am Sonntag Lob für den Vorstoß: „Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen in der stationären Pflege muss verlässlich in der Höhe und in der Dauer der Zahlung begrenzt werden, damit nicht immer mehr Menschen im Alter von der Sozialhilfe abhängig werden“, sagte DAK-Vorstandschef Andreas Storm.

Die Erhöhung der Gehälter in der Pflege müsse allerdings „solidarisch finanziert“ werden und dürfe nichgt zu Lasten der Pflegekassen gehen, forderte er. Sie müsse „als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verbindlich aus Steuermitteln erfolgen“. (dpa/nös)

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