Staatsanwälte ermitteln gegen Saar-Kammerchef

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SAARBRÜCKEN (kud). Der Präsident der Ärztekammer des Saarlandes, Dr. Franz Gadomski, steht im Verdacht des Abrechnungsbetrugs. Nach Medienberichten hat die Staatsanwaltschaft die zunächst eingestellten Ermittlungen wieder aufgenommen.

Grundlage ist eine Anzeige der Krankenkasse KKH-Allianz. Sie beschuldigt Gadomski und bundesweit rund 240 weitere Ärzte, in größerem Stil häufiger als erlaubt Vorsorgeuntersuchungen abgerechnet zu haben. Angeblich hat der Kammerpräsident manche Leistungen jedes Quartal statt alle zwei Jahre angesetzt. Weiter heißt es, der 67-jährige Internist habe knapp 30 000 Euro zurückerstattet.

Die Nachricht sorgte im Saarland für großes Aufsehen. Dem Saarländischen Rundfunk sagte Gadomski, er wisse von den Ermittlungen nichts. Die Kammer verwies auf die Unschuldsvermutung und verneinte zum derzeitigen Zeitpunkt Handlungsbedarf.

Dagegen ging KV-Chef Dr. Gunter Hauptmann vorsichtig auf Distanz zu Gadomski, der seit 1999 an der Spitze der Ärztekammer steht und erst vor kurzem mit knapper Mehrheit wiedergewählt worden war. Zwar warnte auch Hauptmann vor einer Vorverurteilung, ließ die Frage aber offen, ob er einen Rücktritt oder ein Ruhen des Präsidentenamtes angemessen fände. Dies müsse Gadomski selbst entscheiden, erklärte Hauptmann. Weiter berichtete er, dass inzwischen viele Hinweise auf unkorrekte Abrechnungen von Kollegen auch aus der Ärzteschaft selbst kämen.

Allerdings müsse man zwischen systematischem Fehlverhalten und versehentlichen Verstößen etwa gegen die vorgeschriebenen Zeitabstände unterscheiden. An manchem Fehler sei nicht zuletzt "die komische GOÄ mit Schuld". So habe er selbst in seiner gynäkologischen Praxis auch schon einmal eine Vorsorgeuntersuchung einen Monat vor Fristablauf vorgenommen. Werde man darauf aufmerksam gemacht, müsse man aber "selbstverständlich zurückzahlen".

Der Chef der AOK Saarland, Bruno Krüger, bestätigte, dass seine Kasse bei Auffälligkeiten generell zunächst einen Ausgleich mit den Vertragspartnern suche. In einer Sendung des Fernsehmagazins "MAG's" bedauerte er zugleich, dass tatsächliche Betrugsfälle oft unerträglich lange bei Staatsanwaltschaften und Gerichten hängen blieben. So sei der Fall eines im Saarland prominenten Arztes erst fünf Jahre nach der Anklage zum Hauptverfahren zugelassen worden.

Krüger berichtete zugleich von vielfältigen Formen von Korruption im Gesundheitswesen, von denen auch die ambulante Pflege, Apotheken, Sanitätshäuser und Physiotherapeuten betroffen seien.

In der Sendung wurden zudem Fälle aus dem Bereich der Optiker und der Fitnessstudios angeführt. "Wenn Arbeitnehmer wegen Brötchen entlassen werden, sehe ich es mit Zorn, dass Vergehen hier nicht genügend geahndet werden", meinte Krüger.

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