Angst vor Existenzverlust

Tarifpflicht: Private Pflegeanbieter ziehen vor das Verfassungsgericht

Umstritten war die Neuregelung von Beginn an: Jetzt haben private Anbieter gegen den „Tarifzwang“ in der Altenpflege Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Veröffentlicht:
Gegen den „Tarifzwang“ in der Altenpflege haben private Anbieter Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Gegen den „Tarifzwang“ in der Altenpflege haben private Anbieter Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

© Uli Deck / picture alliance

Berlin. Private Anbieter haben Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Tarifpflicht in Pflegeeinrichtungen eingelegt.

Die mit dem Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz eingeführten Regelungen im Sozialgesetzbuch XI verletzten die Pflegeunternehmen in ihren Grundrechten auf Tarifautonomie, Berufsfreiheit und Gleichbehandlung und seien somit verfassungswidrig, teilten der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) am Montag mit. Mit der Tarifregelung werde ein „faktischer Tarifzwang für Unternehmen der Altenpflege geschaffen“. Daher unterstütze man die Beschwerde der Unternehmen, erklärten die Verbände.

Laut der ab September 2022 greifenden Regelung verlieren Pflegedienste und Altenheime den Versorgungsauftrag der Pflegekassen, wenn sie Beschäftigte nicht nach Tarif oder in Tarifhöhe bezahlen. Damit drohe der Gesetzgeber „mit nichts weniger als dem Existenzverlust, wenn sich Unternehmen nicht fügen“, betonen bpa und VDAB. Die Klage führe man auf Grundlage der Rechtsgutachten von Professor Udo Di Fabio und Professor Felix Hartmann.

Brüderle: Reine Willkür

Der Präsident des bpa Arbeitgeberverbands Rainer Brüderle sagte, die Bundesregierung wolle „irgendwelche Tarifverträge von Miniminderheiten, im Zweifel sogar von einzelnen Häusern, jetzt zum Standard für eine ganze Region beziehungsweise ein ganzes Land erklären“. Das sei Willkür und widerspreche jeder demokratischen Legitimation.

VDAB-Bundesvorsitzender Stephan Baumann erklärte, der gesetzlich angedrohte Entzug von Versorgungsverträgen bedeute für betroffene Unternehmer praktisch ein Berufsverbot. „Gleichzeitig wird ihnen ihr verfassungsmäßig garantiertes Recht entzogen, keinem Tarifverbund anzugehören und ihre Lohnstrukturen selbst zu gestalten.“

CDU-Politiker: Unnütz und imageschädigend

Scharfe Kritik an dem Schritt der Privaten übte der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß. Die Verfassungsbeschwerde schade dem Image der privaten Pflegeanbieter, sagte Krauß.

Es entstehe der Eindruck, die Beschwerdeführer seien gegen eine ordentliche Bezahlung in der Pflege. Das schwäche deren Stellung im Ringen um Fachkräfte. Im Übrigen gebe es kaum ein Pflegeunternehmen, das seine Mitarbeiter „unanständig“ bezahle. (hom)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Interview

„Versorgungsqualität ist mehr als pflegerisches Handeln“

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

WIDO-Analyse

Qualitätsatlas Pflege: Viel Luft nach oben

Kooperation | In Kooperation mit: AOK -Bundesverband
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Körperliche Aktivität

Gegen chronische Kreuzschmerzen hilft Gehen – und zwar täglich

Lesetipps
Eine Person balanciert auf einem Grad.

© RFBSIP / stock.adobe.com

Große Datenbankanalyse

Schwindel als mögliches Warnsignal für Alzheimer

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

© Porträt: Antje Boysen / DEGAM | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung