Kommentar zur Behandlungsverpflichtung in Thüringen

Ungemütliche Zeiten

Von Robert Büssow Veröffentlicht:

Wir nehmen niemanden mehr auf. Diesen Spruch müssen sich Patienten in Thüringen immer häufiger gefallen lassen. Dass die KV nun zum allerletzten Mittel greift und die Patienten den Praxen zuteilt, ist ein Offenbarungseid für die Selbstverwaltung.

Die kritischen Stimmen in der Politik, die dem KV-System immer wieder vorwerfen, mit der Sicherstellung überfordert zu sein, werden sich dadurch bestätigt fühlen. Doch das wäre zu kurz gegriffen.

Gerade die KV Thüringen hat schon viel unternommen, um Nachwuchs zu gewinnen und den Ärztemangel zu bekämpfen. Angefangen bei Stipendien bis hin zu Eigeneinrichtungen mit angestellten Medizinern. Aber es braucht Zeit, damit sich die Maßnahmen entfalten können. Kurzfristig wird man nur mit gutem Willen nicht weiterkommen. Die KV will nun stärker gegen Siesta- und Halbtagspraxen mit voller Zulassung vorgehen.

Die Proteste sind programmiert und es ist fraglich, wie groß das Potenzial tatsächlich ist. Zahlen liegen nicht vor. Im Gegenteil, viele Ärzte arbeiten schon über das Ruhestandsalter hinaus. Auch die zunehmende Ermächtigung von Klinikärzten wird wohl unumgänglich sein.

Die Pillen, die die KVT schluckt, sind bitter - immer mehr Tabus werden gebrochen, um den Sicherstellungsauftrag erfüllen zu können. Die Strategie lautet bisher: An vielen Schrauben drehen. Es scheint nur allmählich fraglich, ob ein paar Schrauben am Ende ausreichen.

Lesen Sie dazu auch: Notstand in Thüringen: Ärzte zur Behandlung verdonnert

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Gesundheitspolitik im Rückspiegel

„Das war ein schwieriges Jahr“

Kommentare
Dr. Cornelia Karopka 17.06.201309:53 Uhr

Grotesk

Besonders grotesk wird das Ganze, wenn man weiß, dass in Thüringen wieder individuelle Punktzahlvolumina gelten und man als Hausarzt bei steigenden Fallzahlen, respektive höherer Punktzahl bestraft wird durch Abstaffelung. Das Ergebnis sind dann Punktwerte, die deutlich unter dem sogenannten festen Punktwert liegen.
Die Kollegen werden sich sicher voller Begeisterung zwangsverpflichten lassen, um für mehr Arbeit weniger Honorar zu erhalten.
Eine wahrlich "weise Entscheidung" unserer KV.

Dr. Christian Schulze 14.06.201316:08 Uhr

Letzte Zuckungen...

Das Thema erledigt sich flächendeckend von alleine! Beispiel RLP: 32% der Allgemeinmediziner über 60 Jahre, 12% über 65, Weniger als 20 kommen pro Jahr über die Facharztprüfung nach! Hier mutet es grotesk an, Ärzte noch zwangszuverpflichten. Vorallem bleibt ja auch noch die physikalische Frage, wie die Patienten überhaupt noch betreut werden sollen und auf welchem Niveau...
Die Gemeindeschwester wird zwangsläufig einspringen müssen, wenn die Ärzte aus gesundheitlichen oder Altersgründen abgesprungen sind...
Hier kann das System der Rechtslage noch ein letztes mal genügen, bevor es zerbricht. Die jahrelange Unterbezahlung der ambulanten Medizin, auf dem drittletzten Platz in der OECD, politisch gesteuert und zu verantworten, haben dann eine umfassende Misere nach sich gezogen. Man darf gespannt warten, welche der vier Regierungsparteien der letzten 20 Jahre, die alle nicht gegengesteuert haben, nach der Wahl schlaue Vorschläge zur Verwaltung des selbstverschuldeten Ärztevakuums machen...

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