Von Apothekern für Apotheken

Immer mehr Apotheker bieten ihren Kollegen an, den individuellen Medikationsbedarf von Patienten in Alten- und Pflegeheimen zu verblistern. Die Nachfrage nach dieser Dienstleistung ist groß. Kehrseite der Medaille: Häufig wird der Service von den Heimen nicht vergütet.

Von Friederike Krieger Veröffentlicht:
Der Schlauchbeutel, die typische Form der patientenindividuellen Medikamenten-Verblisterung für Alten- und Pflegeheime.

Der Schlauchbeutel, die typische Form der patientenindividuellen Medikamenten-Verblisterung für Alten- und Pflegeheime.

© Foto: a.novum

Im Raum Berlin/Brandenburg rührt derzeit das Apothekernetzwerk a.novum kräftig die Werbetrommel für sein neues Blister-Angebot. Ab Sommer dieses Jahres will a.novum mit der Zusammenstellung von Wochenrationen für bis zu 10 000 Patienten starten. Zielgruppe sind in erster Linie Apotheker aus der Region, die Alten- und Pflegeheime beliefern. Die Heime möchten den täglichen Medikamentenbedarf für ihre Bewohner nicht länger selbst zusammenstellen, sondern fordern diese Dienstleistung vermehrt von der Offizin ein.

"Viele Apotheker sortieren die Arzneien noch per Hand", erklärt Christian Buttenberg, Besitzer der Zeppelin-Apotheke in Potsdam und Geschäftsführer des a.novum BlisterCentrum Berlin/Brandenburg. Das sei aber ein sehr teures Unterfangen. Die Versorgung eines Patienten mit handverlesenen Medikamenten koste bis zu neun Euro pro Woche. Apotheker, die ihre Arzneien von Blisteranbietern maschinell sortieren lassen, könnten bis zu zwei Drittel günstiger fahren, ist sich Buttenberg sicher. Zusätzliche Einnahmen bringt ihnen das Serviceangebot allerdings nicht.

"Oft bleiben die Apotheker auf den Kosten für die Verblisterung sitzen", erklärt Buttenberg. Er hält dies aber für kein großes Problem, denn er geht davon aus, dass die Kassen über kurz oder lang die Kosten für die Dienstleistung übernehmen. Im Ausland sei das bereits üblich, so in Holland, wo bereits die Hälfte der Patienten in Heimen maschinell sortierte Arzneimittel erhalten. Die Kassen können mit der Verblisterung Kosten einsparen. Da die Patienten abgezählte Tabletten erhalten, ist eine genauere Abrechnung möglich.

Die Honorierung ist noch ungeklärt

"Die große Nachfrage wird erst kommen, wenn die Honorierung geklärt ist", sagt Manuel Meissner. Er ist Besitzer der Schloss-Apotheke in Ottweiler und hat die im Saarland aktive Gesellschaft Blistermed gegründet. Meissners Kunden sind Apotheker, die Heime oder ambulante Pflegedienste betreuen. Derzeit kann er für 2500 Patienten Wochenblister herstellen. Er hält es für möglich, die Heime zur Kostenübernahme zu überreden, sollte eine Kassenerstattung nicht zustande kommen. "Sie sparen durch die Verblisterung viel Zeit und erhöhen die Qualität ihrer Medikamentenversorgung."

Den Pflegekräften können Fehler unterlaufen, wenn sie die Medikamente per Hand sortieren. Bei den Blister-Herstellern sollen die Maschinen und strenge gesetzliche Auflagen dafür sorgen, dass es nicht zur Falschmedikation kommt.

Fertigung unter Reinraumbedingungen

Apotheker, die nicht nur für die eigenen Kunden, sondern auch für Kollegen verblistern, gelten als Arzneimittelproduzenten. Um eine Herstellererlaubnis zu bekommen, müssen sie ihre Sortiermaschine in einem Reinraum aufstellen und den Inhalt eines jeden Blisters kontrollieren, bevor sie ihn ausliefern. Um alle Anforderungen zu erfüllen, müssen die Apotheker Millionenbeträge investieren. Manche suchen sich daher finanzstarke Partner.

So wie Erich Henke, der die Aschaffenburger Apotheke im Elisenpalais betreibt. Er hat sich mit dem Mannheimer Pharmagroßhändler Phoenix zusammengetan. Ihr Joint Venture, die Blister Center Holding GmbH, will für rund 2,5 Millionen Euro ein Blister-Zentrum bauen, das bis zu 35 000 Patienten mit Wochenblistern versorgen kann. Auch Henke bietet die Verblisterung als Dienstleistung für kleine Apotheker an, die sich keine eigene Verblisterungsmaschine leisten können.

Henkes Service steckt derzeit allerdings noch in den Kinderschuhen, die Herstellererlaubnis bekommt er voraussichtlich erst in sechs bis acht Wochen. Im Gegensatz zu manchen seiner Kollegen hat Henke keine Berührungsängste zum Pharmagroßhandel. Nichts spreche dagegen, so Henke, mit dem Großhandel zusammen ein Verblisterungsprojekt zu starten.

Michael Marxen ist dagegen die eigene Unabhängigkeit besonders wichtig. Der Besitzer der Kronen- Apotheke in Wesseling hat es vorgezogen, mit einem Kollegen gemeinsame Sache zu machen. Zusammen mit Martin Zimmermann aus der Schwanen-Apotheke in Mönchengladbach hat er die Gesellschaft Blisterpharm gegründet. Sie verblistert für Offizin-Betreiber im gesamten Bundesgebiet. Derzeit versorgt die Gesellschaft nach eigenen Angaben 2500 Patienten. Im Gegensatz zu anderen Anbietern nutzt Blisterpharm bewusst nicht den Pharmagroßhandel, um die portionierten Medikamente an die Apotheker auszuliefern, sondern einen Paketdienst.

Stolz auf Eigenständigkeit

Marxen ist auch das Engagement des zu Kohlpharma gehörenden Blisteranbieters 7x4 Pharma ein Dorn im Auge. Während Blisterpharm die Vorgaben von Arzt und Apotheker 1:1 umsetze, so Marxen, können Mediziner und Offizin bei 7x4 nur aus einer Liste von 400 Arzneien auswählen. "Unser System enthält keinerlei Potenzial, den Arzt oder Apotheker zu bevormunden oder überflüssig zu machen", meint Marxen.

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