Psychotherapie

Wartezeit-Idee bringt Therapeuten auf die Barrikaden

Sechs Wochen Wartezeit nach der ersten Kurzzeittherapie - so wollen die Kassen die Psychotherapie reformieren. Die Therapeuten sind empört. Die Idee sei nicht leitliniengerecht, ethisch und therapeutisch nicht vertretbar.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Warten auf den Therapeuten.

Warten auf den Therapeuten.

© Peter Atkins / fotolia.com

BERLIN. Psychotherapeutenverbände haben den Kassen-Vorstoß zur Reform der Psychotherapie scharf kritisiert. Eine Unterbrechung der laufenden Therapie sei nicht erforderlich, nicht leitliniengerecht und weder therapeutisch noch ethisch vertretbar.

Das schreiben die Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) und der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) in einer gemeinsamen Mitteilung.

Sie beziehen sich mit ihrer Kritik auf das Papier des GKV-Spitzenverbandes "Positionspapier zur Reform des Angebots an ambulanter Psychotherapie". Auf zehn Seiten schlägt der Kassenverband unter anderem eine Deckelung der Psychotherapiestunden auf insgesamt 50 Zeitstunden und eine Wartezeit von sechs Wochen nach einer ersten Kurzzeittherapie vor.

"Der mit den Portionierungen beabsichtigte Druck auf Patient und Therapeut und die regelhafte Unterbrechung laufender Therapien würden zwangsläufig bei vielen Patienten zu unberechenbaren negativen Auswirkungen auf den Therapieverlauf und die Heilungschancen führen", so DGPT und bvvp in ihrer Mitteilung. Eine Versorgungsverschlechterung und höhere Kosten wären absehbare Folgen, warnen die Verbände.

Auch die geplante Deckelung der Therapiestunden auf insgesamt 50 bewerten die Verbände kritisch. Das bedeute eine empfindliche Beschneidung der bisherigen Kontingente. Zudem würde dieser Vorstoß die Indikationsentscheidungen zur Behandlung schwer kranker Patienten erschweren.

"Ein Behandlungsbeginn ohne sichere Abschätzungsmöglichkeit, ob eine hinreichende Behandlungsdauer überhaupt zur Verfügung steht, wäre hochproblematisch", betonen DGPT und bvvp.

Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, hatte erst kürzlich betont: "Die sechswöchige Wartezeit zwischen den beiden Phasen ist eine Zeit des Hinterfragens, ob der eingeschlagene Weg wirklich der richtige ist."

Psychotherapie sei keine Krisenintervention und deshalb sei diese Pause medizinisch unschädlich, vielmehr eröffne sie dem Patienten die Chance, die eigene Situation und den eingeschlagenen Behandlungsweg zu überprüfen.

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