Ärzte an kommunalen Kliniken setzen auf Streik

Die Fronten sind verhärtet - jetzt droht den 600 kommunalen Kliniken der Ärztestreik. Bei einer Urabstimmung hat sich die klare Mehrheit der Ärzte dafür ausgesprochen. Schon bald könnten 50.000 Ärzte in den Arbeitskampf treten.

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Warnstreik an der Uniklinik: Dieses Bild könnte bald vielen kommunalen Kliniken drohen.

Warnstreik an der Uniklinik: Dieses Bild könnte bald vielen kommunalen Kliniken drohen.

© Tobias Kleinschmidt / dpa

BERLIN (dpa). Klinikpatienten müssen sich auf einen flächendeckenden Ärztestreik an den rund 600 kommunalen Kliniken in Deutschland einstellen.

In einer Urabstimmung votierten 92,7 Prozent der Mitglieder des Marburger Bundes in diesen Krankenhäusern für den Ausstand. Das teilte die Ärztegewerkschaft am Dienstag in Berlin mit.

Gewerkschaftschef Rudolf Henke sagte, er erwarte den Streikbeginn der rund 50.000 Ärzte am 26. Januar. Die ausstehende Entscheidung der großen Tarifkommission der Ärztegewerkschaft am Dienstagabend galt als Formsache.

Die Tarifgespräche mit den Arbeitgebern über höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen waren Anfang Dezember gescheitert. "Die Ärztinnen und Ärzte sind entschlossen, ihren Forderungen größtmöglichen Nachdruck zu verleihen", sagte Henke.

Arbeitgeber wollen nur 1,48 Prozent mehr geben

Die Ärztegewerkschaft fordert sechs Prozent mehr Gehalt, eine bessere Bezahlung der Bereitschaftsdienste sowie eine Reduzierung dieser Dienste auf maximal vier pro Arzt und Monat.

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) hatte eine Erhöhung im Rahmen der Krankenhaus-Budgetsteigerung von 1,48 Prozent für 16 Monate sowie eine Einmalzahlung von 250 Euro angeboten. Die weitaus meisten kommunalen Krankenhäuser gehören zum Bereich der VKA an.

"Die Rechnung der Arbeitgeber geht völlig an der Realität vorbei", sagte Henke. Die Krankenhäuser hätten in den ersten drei Quartalen 2011 einen Erlöszuwachs von 4,2 Prozent erzielt.

Die Gewerkschaft warf den Arbeitgebern vor, klare Festlegungen für verlässliche Arbeitszeiten zu scheuen. 55 Prozent der Ärzte in kommunalen Kliniken leisteten pro Monat durchschnittlich fünf bis neun Bereitschaftsdienste.

VKA-Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann entgegnete, das Ergebnis der Urabstimmung sei wenig überraschend gewesen. "Wir sind bereit, wieder in die Verhandlungen einzusteigen", sagte er.

Unterstützung vom Hartmannbund

"Jetzt geht es darum, dass wir uns schnell wieder zusammensetzen", sagte Hoffmann in Berlin. Die Rechnung des Marburger Bundes habe keine Grundlage: Zwar hätten die Kliniken mehr Behandlungsfälle verzeichnet, doch damit sei auch der Aufwand gestiegen.

Hoffmann rief die Ärztegewerkschaft dazu auf, ähnlich wie mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zu verfahren. Im November hatten sich beide Seiten in letzter Minute über einen Tarifvertrag für die Mediziner an den Unikliniken geeinigt und einen bereits beschlossenen Ausstand verhindert.

Unterstützung erhielt der MB vom Hartmannbund (HB). Die Entscheidung für einen Streik sei "die logische Konsequenz aus dem geradezu absurden und inakzeptablen Tarifangebot der VKA", kommentierte der HB-Vorsitzende Dr. Klaus Reinhardt das Ergebnis der Urabstimmung.

Sechs Prozent mehr Gehalt und eine bessere Planbarkeit und Bezahlung von Bereitschaftsdiensten seien "eigentlich eine Bringschuld der Kliniken und nichts, was man sich erbitten oder erstreiken muss", so Reinhardt.

Das Angebot der VKA in Höhe von 1,5 Prozent könne lediglich als Ohrfeige empfunden werden.

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Kommentare
Dipl.-Med Wolfgang Meyer 10.01.201220:39 Uhr

Eine andere Sprache verstehen Arbeitgeber nicht!

Es kann nicht die Aufgabe der Ärzte sein, für die vielleicht wirtschaft-
liche Problemsituation mancher Krankenhäuser Verständnis zu haben und Lohnverzicht zu üben. Zum Glück hat sich die Personalsituation in den letzten Jahren so geändert, daß berechtigte Forderungen auch geäußert werden können. Es bleibt zu hoffen, daß der zu erwartende Arbeitskampf nicht zum Ritual verkommt. Klar ist, daß es immer noch genügend Ärzte bei
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