Vom Skalpell bis zum Operationsroboter

„Aufschneidertag“ soll fürs Fach Chirurgie begeistern

Nachwuchskräfte früh gewinnen, damit kämpft nicht nur die hausärztliche Versorgung. In Göttingen setzen Chirurgen daher auf den „Aufschneidertag“ für Medizinstudierende – ein Training der besonderen Art.

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:
„Nähkurs“ an einem Schweinsfuß: Manuel Santander zeigt einem Studierenden, worauf man beim Nähen und Knoten achten muss.

„Nähkurs“ an einem Schweinsfuß: Manuel Santander zeigt einem Studierenden, worauf man beim Nähen und Knoten achten muss.

© Heidi Niemann

Göttingen. Wie lassen sich Nachwuchskräfte gewinnen und halten? Diese Frage stellt sich auch in medizinischen Berufen immer drängender. An der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) gab es jetzt eine besondere Veranstaltung, um Studierende für das Berufsfeld der Chirurgie zu begeistern: 24 Medizinstudierende konnten sich beim „Göttinger Aufschneidertag“ intensive Einblicke in das Handwerk und die vielfältigen Tätigkeitsfelder der Chirurgie verschaffen. Dabei konnten sie nicht nur den Umgang mit Skalpell und Nadel üben, sondern auch modernste Techniken und Geräte ausprobieren.

Auch das Üben einer Bypass-Operation am Herzen war möglich.

Auch das Üben einer Bypass-Operation am Herzen war möglich.

© Heidi Niemann

Ziel sei es, Interesse für die chirurgischen Fächer zu wecken und Studierende bereits frühzeitig für ein Engagement in den Kliniken zu begeistern, sagte Professor Michael Ghadimi, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie. Die Klinik hatte den Aufschneidertag gemeinsam mit drei weiteren Kliniken (Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie / Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie / Urologie) organisiert.

Training am Schweinefuß

Teilnehmen konnten Medizinstudierende des 4. bis 6. Semesters, die zuvor ein Bewerbungsverfahren durchlaufen hatten. Der „Aufschneidertag“ soll dazu beitragen, dass angehende Mediziner bereits in diesem Abschnitt ihres Studiums auch die Chirurgie in Erwägung ziehen – und sich bestenfalls am Ende auch für dieses Fach entscheiden, sagte der Intensivmediziner und Koordinator der Veranstaltung, Thorsten Perl.

Die meisten Workshops fanden im Studentischen Trainingszentrum Ärztlicher Praxis und Simulation (STÄPS) in Kleingruppen von je drei Personen statt. Zu Beginn ging es um jene filigranen Tätigkeiten, die seit jeher die handwerkliche Grundlage der Chirurgie bilden: Nähen und Knoten. Die Studierenden übten den Umgang mit Nadel und Faden und den verschiedenen Materialien an Schweinefüßen.

Hierbei wurden sie von fachkundigen Ärzten angeleitet, unter anderem von Manuel Santander: „Wenn der Knoten nicht fest genug ist, kann es bluten“, erklärte er. Beim Hantieren mit Nadel und Faden müsse man auch immer auf die Position der Hände achten: „Die dürfen sich nicht kreuzen.“

Einsatz am DaVinci-OP-Roboter

Nach diesem „Basistraining“ gab es parallele Workshops zu unterschiedlichen chirurgischen Tätigkeitsfeldern. Während eine Gruppe sich mit dem Anlegen eines Bypasses beschäftigte, ging es im Nebenraum um die Rekonstruktion einer Herzklappe. Die Studierenden aus der dritten Gruppe übten derweil, wie man per Laboroskopie eine Gallenblase entfernt. Bei allen Workshops wurde mit tierischen Organen gearbeitet, in diesem Fall mit Leber und Gallenblase vom Schwein. Beim modellhaften Üben dieses minimalinvasiven Eingriffs war Teamwork gefragt: Während ein Studierender die Kamera im Bauchraum führte, steuerte der zweite die OP-Instrumente. Dabei blickten sie ständig auf einen Video-Bildschirm, wo sie jede Bewegung genau verfolgen konnten. Vor allem die Hand-Augen-Koordination erfordere einige Übung, erläuterte die Ärztin Lena-Christin Conradi. Die Studierenden kamen damit aber gut zurecht: Beim Auslösen der Gallenblase sei alles intakt geblieben, lobte Conradi. „Da blutet nichts, genau so soll es sein.“,

Ein besonderes Highlight war das Arbeiten mit dem DaVinci-Operationsroboter. Oberarzt Jan Keck zeigt den Medizinstudierenden einen der Roboterarme.

Ein besonderes Highlight war das Arbeiten mit dem DaVinci-Operationsroboter. Oberarzt Jan Keck zeigt den Medizinstudierenden einen der Roboterarme.

© Heidi Niemann

Der spannendste Workshop fand im Operationsbereich des Klinikums statt, wo die Studierenden mit dem DaVinci-Robotersystem arbeiten konnten. Bei diesen minimalinvasiven Eingriffen arbeitet der Operateur nicht direkt am Patienten, sondern sitzt an einer Konsole und bedient von dort aus die entsprechenden Instrumente. Jede dieser Bewegungen wird direkt auf den Roboter übertragen. Auch bei dieser OP-Technik kommt es auf die Hand-Augen-Koordination an. Oberarzt Jan Keck zeigte den Studierenden nicht nur, wie man die Griffe und Schalter bedient, sondern auch, wie man die Sitzposition richtig einstellt „Das ist dann ein sehr angenehmes und schonendes Arbeiten, das richtig viel Spaß macht“, sagte er.

„Einfach ein toller Tag!“

Die Studierenden waren fasziniert von der Technik: „Das war besonders toll, dass wir den Roboter ausprobieren konnten“, meinte eine Teilnehmerin. Einer Studentin hat vor allem die Bypass-Operation am Herzen gefallen: „Das feine Arbeiten an den Gefäßwänden war eine sehr spannende und fordernde Tätigkeit.“ Anderen hat insbesondere die Gallenblasen-OP großen Spaß gemacht. Die meisten waren rundherum begeistert: „Einfach ein toller Tag!“, meinte eine Studentin.

Nicht nur Klinikdirektor Michael Ghadimi freute sich über die positive Resonanz. Allerdings reiche eine einmalige Veranstaltung nicht aus, um Studierende für die Chirurgie zu begeistern: „Wir müssen uns auch darum kümmern, dass sie dieses Interesse im weiteren Verlauf ihres Studiums nicht wieder verlieren.“

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