Gericht betont Schutzzweck der Regelung
BSG: Kostenübernahme für Krankentransporte auch rückwirkend ohne Genehmigung
Ist ein Krankentransport ärztlich verordnet, hat das Genehmigungsverfahren lediglich die Funktion, den Patienten Sicherheit zu geben, urteilte das Bundessozialgericht und gab der Witwe eines verstorbenen Versicherten recht.
Veröffentlicht:
Krankentransporte seien von Ländern und Kommunen öffentlich-rechtlich geregelt. Für die Krankenkassen handele es sich nach den einschlägigen Bestimmungen daher ausdrücklich nicht um eine Sachleistung; vielmehr gehe es um einen Ausgleich zwischen der Krankenkasse und ihren Versicherten, führt das BSG zu seinem Urteil aus.
© Eibner-Pressefoto / picture-alliance
Kassel. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen ärztlich verordnete Krankentransporte gegebenenfalls auch dann rückwirkend bezahlen, wenn hierfür vorab keine Genehmigung vorgelegen hat. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am 21. Mai veröffentlichten Urteil entschieden. Das Genehmigungsverfahren habe hier lediglich die Funktion, den Patienten Sicherheit zu geben.
Damit gaben die obersten Sozialrichter einer Witwe aus Nordrhein-Westfalen recht, die noch für ihren verstorbenen Ehemann Kostenerstattung für Krankenfahrten verlangt. Dieser litt – nach Schlaganfall und malignem Lymphom – unter anderem an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung mit dauernder Sauerstoffgabe und unterzog sich einer Chemotherapie. Für diese hatten die behandelnden Ärzte für die Zeit ab 30. Juli 2020 zweimal wöchentlich die Beförderung in einem Krankentransportwagen verordnet.
Gericht sprach Witwe eine Kostenerstattung zu
Erst am 23. November 2020 beantragte der Rettungsdienst hierfür eine Kostenübernahme. Die Krankenkasse bewilligte dies erst ab dem Tag der Antragstellung. Für die elf Transporte davor erhielt der Versicherte eine Rechnung über insgesamt 4.845 Euro. Die hierfür von der Witwe begehrte Kostenerstattung lehnte die Krankenkasse unter Hinweis auf die fehlende Genehmigung ab.
Das BSG sprach der Witwe nun im Grundsatz eine Kostenerstattung zu. Die Krankentransporte seien von Ländern und Kommunen öffentlich-rechtlich geregelt. Für die Krankenkassen handele es sich nach den einschlägigen Bestimmungen daher ausdrücklich nicht um eine Sachleistung; vielmehr gehe es um einen Ausgleich zwischen der Krankenkasse und ihren Versicherten.
Vor diesem Hintergrund reduziere sich der Zweck des Genehmigungsvorbehalts darauf, den Versicherten die Sicherheit zu geben, dass sie die Fahrten ohne eigenes Kostenrisiko in Anspruch nehmen können.
LSG soll nur noch die Höhe der Rechnung prüfen
„Dieser Schutzzweck zugunsten der Versicherten würde aber geradezu ins Gegenteil verkehrt, wenn ihnen die fehlende Genehmigung nachträglich auch dann entgegengehalten werden könnte, wenn ansonsten alle Leistungsvoraussetzungen vorliegen“, heißt es in dem Kasseler Urteil. Andernfalls werde das im Sozialgesetzbuch verankerte grundsätzliche Ziel unterlaufen, „dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden“.
Hier seien die Leistungsvoraussetzungen erfüllt. Die Transporte in einem Krankenwagen seien ärztlich verordnet und „aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig“ gewesen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen soll nun lediglich noch die Höhe der Rechnung prüfen. (mwo)
Bundessozialgericht, Az.: B 1 KR 7/24 R