Bundesgerichtshof

Beitragsschulden werden aufgerechnet

Privat Krankenversicherte im Notlagentarif können auf Behandlungskosten sitzenbleiben – wenn Beitragsschulden bestehen.

Veröffentlicht:

KARLSRUHE. Patienten im sogenannten Notlagentarif der privaten Krankenversicherung können nicht darauf bauen, dass ihre Arztrechnungen immer voll erstattet oder bezahlt werden – selbst wenn ein Anspruch besteht.

Denn der Versicherer kann aktuelle Behandlungskosten mit alten Beitragsschulden verrechnen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied. Danach bleibt ein Versicherter aus Niedersachsen auf Krankenhauskosten in Höhe von 1900 Euro sitzen.

Der Notlagentarif wurde 2013 geschaffen. Er soll die nach Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht häufig aufgetretenen hohen Beitragsrückstände vermeiden. Der Leistungsanspruch ist verringert, dafür beträgt der Beitrag nur 79,14 Euro monatlich.

Beitragsrückstand brachte Wechsel in den Notlagentarif

Der seit 1983 privatversicherte Kläger geriet 2016 mit seinen Beiträgen in Rückstand und wechselte so automatisch in den Notlagentarif über. Wenig später musste er ins Krankenhaus.

Statt die Kosten von 1900 Euro zu überweisen, schickte die Versicherung eine Abrechnung, aus der sich eine Aufrechnung mit den alten Beitragsschulden des Mannes ergibt. Ob eine solche Aufrechnung zulässig ist, war bislang umstritten, der BGH hat dies nun bejaht.

Zur Begründung erklärten die Karlsruher Richter, die Aufrechnung eines Versicherers von Leistungsansprüchen des Versicherten mit dessen Beitragsrückständen sei laut Gesetz generell zulässig. Dies gelte auch, wenn die Versicherungsleistungen nicht dem Versicherungsnehmer selbst, sondern einem Dritten zustehen, wie hier dem Krankenhaus.

Einzige Ausnahme: Kfz-Haftpflicht

Einzige Ausnahme hiervon sei die Auto-Haftpflichtversicherung. Beim Notlagentarif der privaten Krankenversicherung habe der Gesetzgeber die Möglichkeit der Aufrechnung durch den Versicherer dagegen in keiner Weise beschränkt.

Eine solche Aufrechnung stehe auch nicht dem Gesetzesziel entgegen, allen Bürger zumindest eine medizinische Notfallversorgung zu sichern. Denn wirklich Hilfebedürftige würden nicht oder nicht mehr im Notlagentarif versichert, sobald sie Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen oder Sozialhilfe haben. (mwo)

Az.: IV ZR 81/18

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Anwalt wurde erst zu früh, dann zu spät aktiv

Widerspruch gegen E-Mail einer KV-Mitarbeiterin lief ins Leere

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: Bei erfolgreich therapierter Sialorrhö ist Teilhabe wieder leichter möglich

© Olesia Bilkei / stock.adobe.com [Symbolbild]

Glycopyrroniumbromid bei schwerer Sialorrhö

Wirtschaftliche Verordnung durch bundesweite Praxisbesonderheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Proveca GmbH, Düsseldorf
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an