Goslarer Diskurs

Big Data und KI – zwischen Utopie und Dystopie

Ohne Massendaten und Künstliche Intelligenz haben wir keine Zukunft, warnen Experten in Goslar.

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GOSLAR. Big Data, die Erhebung und Auswertung großer Datenmengen, darf nicht ausschließlich als Realität gewordene „Big Brother“-Fantasie an den Pranger gestellt werden und so die Befürchtungen besorgter Bürger befeuern. So lautet der Konsens des diesjährigen Goslarer Diskurses zum Thema „Big Data: Bürgerschreck oder Hoffnungsträger?“

Stattdessen sollte man auch die Vorteile von Big Data – insbesondere in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz (KI) – nicht aus dem Auge verlieren. So kann die Verwertung der Daten zu Smart Services erheblich dazu beitragen, Menschen das Leben angenehmer zu machen.

Außerdem stelle Big Data für die heimische Wirtschaft einen wichtigen Erfolgsfaktor im globalen Wettbewerb dar, in dem Daten und deren Nutzung einen immer wichtigeren Rohstoff bedeuten. Allerdings müsse die Verwertung von persönlichen Daten der Bürger im Rahmen einer staatlichen Regulierung erfolgen, die dem Einzelnen einerseits die Hoheit über seine Daten garantiert und andererseits gleichzeitig für die Unternehmen hierzulande Chancengleichheit mit der ausländischen Konkurrenz – insbesondere aus den USA und China – sicherstellt, so die Meinung der Experten in Goslar.

Speziell für den Gesundheitsbereich plädierte Dr. Thilo Weichert, Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, dafür, dass das Entwicklungspotenzial von Big Data unbedingt ausgeschöpft werden sollte. Doch dies basiere auf hochsensiblen Daten, gab er zu bedenken, die niemand einem Unternehmen für die Vermarktung einfach zur Verfügung stellen würde. Daher müsse man ausschließen, dass solche Daten für weitergehende Analysen genutzt werden, durch die sogar eine ganze Gesellschaft beeinflusst werden kann.

Hier komme man in einen Bereich, der nichts mehr mit reiner ökonomischer Verwertbarkeit zu tun habe, sondern mit dem Erhalt von Demokratie – sowie dem Menschen als Subjekt und nicht als reines Objekt in unserer Gesellschaft, warnte Weichert. In diesem Zusammenhang verwies er auf China, wo die Regierung die flächendeckende Einführung eines Social-Credit-Systems – ein sanktionierbares Sozialpunktekonto – plant, welches das Verhalten der Bürger total überwachen und umfassend bewerten soll.

Professor Fred Wagner vom Institut für Versicherungslehre der Uni Leipzig verortete Big Data zwischen Utopie und Dystopie: Utopie, die schöne Zukunftsvision, laute, dass Big Data und KI zu individualisierten smarten Services führe, die den Menschen dazu verhelfen, das eigene Leben besser führen zu können.

Die Dystopie zeige sich darin, dass die Menschen durch die genannten Instrumente gläsern sowie Angebote geschaffen werden, die manipulieren und so die Freiheit der Lebensführung beschränkten. Big Data sei Bürgerschreck und Hoffnungsträger zugleich, so Wagners Fazit. (maw)

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