vfa-Prognose
Deutsche Pharmabranche rechnet mit Wachstum – trotz weltweiter Konjunkturrisiken
Sollte der weltweite Arzneimittelhandel von neuen Zöllen verschont bleiben, könnte sich 2025 zu einem guten Jahr für die forschenden Hersteller hierzulande entwickeln.
Veröffentlicht:Berlin. Während die deutsche Wirtschaft in der Krise steckt, erwartet die Pharmaindustrie deutlich mehr Umsatz und Arbeitsplätze hierzulande. Laut Prognose des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) profitiert die Branche von anziehenden Exporten, einer Stabilisierung im Heimatmarkt sowie Vorzieheffekten wegen drohender US-Zölle.
Insbesondere das wichtige Exportgeschäft sei zu Jahresbeginn in Schwung gekommen, auch wegen der von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle auf Medizinprodukte, schreibt der vfa. Unternehmen dürften ihre Lagerbestände in den USA aufgebaut haben, um sich im Fall von Zöllen abzusichern. Anzeichen dafür lieferten US-Handelsdaten.
Medienberichten zufolge haben Pharmakonzerne zuletzt so viele Medikamente wie möglich über den Atlantik fliegen lassen, um drohenden Zöllen zu entgehen. Frachtdienstleister wie Lufthansa Cargo und DHL berichten von einem Anstieg der Nachfrage nach Pharma-Sendungen in die USA.
In einem Gastbeitrag für die „Financial Times“ forderten unterdessen die Chefs der Pharmakonzerne Novartis und Sanofi , Vas Narasimhan und Paul Hudson, die EU-Kommission müsse Arzneimittelpreise auf das deutlich höhere Niveau in den USA anheben, um Anreize für Innovationen zu schaffen. Sie warnten, Europa müsse „dringend handeln, sonst setzt ein Niedergang ein und der Wegzug von Unternehmen beschleunigt sich“.
Mehr Pharma-Jobs in Deutschland
Der vfa sieht aber auch eine rege Nachfrage nach deutschen Medikamenten. Er erwartet dieses Jahr ein Umsatzplus von 2,5 Prozent und ein Produktionswachstum von 2,9 Prozent. Die Beschäftigung in der Pharmabranche dürfte um 1.100 Köpfe auf etwa 132.000 Personen steigen. Die deutsche Wirtschaft insgesamt 2025 werde dagegen wohl stagnieren.
Mögliche US-Zölle auf Medizinprodukte sind in der Prognose noch nicht berücksichtigt. Kämen sie, erwartet vfa-Chefvolkswirt Claus Michelsen „kurzfristig deutliche Einschnitte bei den Unternehmen und mittelfristig erhebliche Herausforderungen für die Pharmabranche in Europa“. Zölle könnten dort, wo wegen bestehender Verträge keine Preiserhöhungen möglich seien, die Profitabilität der Arzneihersteller empfindlich treffen, so der Verband.
Auswirkungen auf die Innovationskraft
Pharmabranche warnt vor Fachkräftemangel in MINT-Fächern
Von Trumps globalem Zollpaket sind Medikamente bisher ausgenommen. Kommen US-Zölle auf Medizinprodukte, würden sie zu „teils zu höheren Preisen für die amerikanische Bevölkerung führen“, meint der vfa. Die Medikamenten-Nachfrage der Amerikaner werde wohl wenig reagieren, denn komplexe und patentgeschützte Produkte ließen sich nicht ohne Weiteres austauschen.
Sorgen um Lieferfähigkeit
Für die deutsche Pharmabranche sind die USA ein unverzichtbarer Absatzmarkt. 2024 gingen laut Statistischen Bundesamt Waren im Wert von 27 Milliarden Euro in die USA – fast ein Viertel der deutschen Pharmaexporte. Besonders gefragt waren immunologische Erzeugnisse wie Antisera, Impfstoffe und Blut.
Drohende US-Zölle schüren zugleich Sorgen um die Lieferfähigkeit hierzulande. Denn Deutschland hat 2024 Pharmazeutika für 12,1 Milliarden Euro aus den USA importiert, knapp 17 Prozent der Brancheneinfuhren, sowie gut 12 Prozent der Vorprodukte, darunter sterile Schläuche für die Arzneiproduktion. Bei einem Handelskrieg könnten sich Vorprodukte stark verteuern oder zeitweise ganz fehlen, warnte der vfa bereits vor Monaten. (dpa)
