Anlagen-Kolumne
Immobilienaktien sind nicht immer ein Renditegarant
Bei Wohnungen wächst das Angebot stärker als die Nachfrage. Die Aktienkurse von Immobilienunternehmen steigen kaum noch.
Veröffentlicht:Es ist die größte Übernahme in der Geschichte des deutschen Immobilienmarkts: 18 Milliarden Euro zahlt der Wohnungskonzern Vonovia, um den Mitbewerber Deutsche Wohnen aufzukaufen. 150.000 weitere Wohnungen kommen damit zu den 400.000 hinzu, die Vonovia bereits jetzt besitzt.
Damit wird der Gigant zur Nummer Eins in Europa. Der Deal liegt im Trend. Auch in den USA haben große Immobilienkonzerne Mitbewerber übernommen. Simon Property zahlte 3,4 Milliarden Euro, um sich Taubman einzuverleiben. Prologis legte sogar 10,6 Milliarden Euro hin, um Liberty Property Trust aufzukaufen.
Bei Börsianern lösen solche Übernahmen jedoch keine Euphorie aus. Acht Handelstage nach der Bekanntgabe der Übernahme notiert die Aktie von Vonovia auf dem gleichen Niveau wie vor der Ankündigung. Dafür gibt es einen guten Grund: Im Immobiliensektor kündigen milliardenschwere Aufkäufe von Mitbewerbern in der Regel das Ende eines Aufwärtszyklus an. Unternehmen sehen sich nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft Umsatz und Gewinn zu steigern. Deshalb verleiben sie sich andere Unternehmen ein, um so ihre Bilanz zu vergrößern.
Mehr Zuzug in die Städte
Seit nunmehr elf Jahren boomen weltweit die Immobilienmärkte. Das liegt zum einen daran, dass die Notenbanken 2010 massiv die Zinsen senkten, um die globale Wirtschaft aus der Finanzkrise zu ziehen. Immobilienkredite wurden deshalb so billig wie nie zuvor und Unternehmen konnten günstig Wohnungen erwerben. Gleichzeitig zogen immer mehr Menschen aus ländlichen Regionen in die Städte.
Die Wohnungseigentümer konnten deshalb die Mieten stark erhöhen. Damit ist es nun vorbei. 2020 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 306.376 Wohnungen fertiggestellt – nochmals 4,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das Angebotwächst nun stärker als die Nachfrage.
Wer Aktien von Wohnungsunternehmen besitzt, sollte sich deshalb darauf einstellen, dass deren Gewinne und Dividendenzahlungen nicht mehr wesentlich steigen werden – und ihre Aktienkurse daher sinken könnten. Denn Börsianer wollen vor allem in Unternehmen investieren, die Wachstumspotenzial bieten. Am Wohnungsmarkt ist das jedoch derzeit kaum zu finden.
Richard Haimann ist freier Wirtschaftsjournalist in Hamburg. Er schreibt über Finanzthemen für in- und ausländische Publikationen.