Karriereeinstieg in der unterversorgten Ostlausitz

ROTHENBURG. In Ostsachsen sieht es mit der ärztlichen Versorgung nur mittelprächtig aus. Das Diakonische Werk hat dort vor einem Jahr ein MVZ eröffnet. Gesucht werden noch bis zu neun weitere Allgemein- und andere Fachärzte.

Von Katlen Trautmann Veröffentlicht:

Plätschernde Wasserspiele empfangen den Besucher im Foyer des Medizinischen Versorgungszentrums Martinshof in Rothenburg in Ostsachsen. Die Ärztliche Leiterin, Dr. Irene Poensgen, schätzt das Haus jedoch nicht allein wegen seiner freundlichen Architektur. "Die Beschäftigung hier beantwortet für mich die Sinnfrage meiner Arbeit", sagt Frauenärztin Poensgen.

Die Versorgung der Bewohner von Martinshof war in Gefahr

Träger des MVZ Martinshof ist das Diakonische Werk, das in direkter Nachbarschaft auch Einrichtungen der Behinderten-, Alten- sowie der Kinder- und Jugendhilfe betreibt und sich auf Demenz-Patienten spezialisiert hat. Die Idee für das MVZ entstand, als mit dem Ruhestand zweier ortsansässiger niedergelassener Mediziner vor vier Jahren die Versorgung der Bewohner von Martinshof in Gefahr geriet.

Im April 2007 wurde das inzwischen als gGmbH geführte Haus eröffnet. "Ich möchte die Arbeit im ,Sackbahnhof‘ an der polnischen Grenze zu einer Karriereleiter für Ärzte machen", sagt Martinshof-Vorstand Hartmut Knippscheer. Dr. Dariusz Rosinski, der Neurologe aus dem nahen Polen, will die kollegiale Atmosphäre nicht mehr missen und die Entlastung von administrativen Aufgaben. "Hier kann ich mehr Diagnostik und Personal vorhalten als in einer Einzelpraxis", sagt er.

Der Arzt praktizierte zuvor überwiegend in Krankenhäusern in Brandenburg und Polen. Im ersten Jahr durfte der Neurologe mangels freier Facharztstellen im Bereich nicht abrechnen, erinnert sich Martinshof-Vorstand Knippscheer. Erst mit Übernahme des Praxissitzes eines Görlitzer Arztes änderte sich das. "Ohne Abrechnung ein Gehalt ein Jahr lang zu zahlen, kann sich nur eine starke Einrichtung wie der Martinshof leisten", weiß Knippscheer.

HNO-Ärztin Benita Krandt kümmert sich wie ihre Kollegen sowohl um Heimbewohner als auch ambulante Patienten. Irene Poensgen schätzt am MVZ nach eigenen Aussagen zeitgemäße Strukturen, professionelles Praxismanagement und weniger Bürokratie. Zehn Jahre lang war sie Einzelkämpferin in der Praxis im 30 Kilometer entfernten Görlitz.

Das MVZ arbeitet papierlos, abgerechnet wird zentral. Apotheke, Sanitätshaus, Labor und Cafetéria sind im MVZ. Die Patienten nehmen das Haus an, loben die kurzen Wege. Ein Shuttlebus bringt Besucher aus Görlitz herüber. Die Kollegen schätzen Poensgen zufolge die Möglichkeit, flexible Arbeitszeiten und -verträge auszuhandeln.

Das Haus hat sich auch ein ethisches Leitbild gegeben. "Wir diskutieren offen über viele Angelegenheiten", erzählt Poensgen. Das habe sie nicht überall gefunden. Die 2,7 Millionen Euro Baukosten für das MVZ zahlte der Martinshof. Drei angestellte Ärzten versorgen derzeit 9000 Patienten. Zudem bietet ein Zahnarzt im Haus seine Dienste an.

Ab September wird ein Allgemeinmediziner das Team verstärken. "Wenn ich noch einen weiteren Allgemeinmediziner bekommen kann, ist er willkommen", wirbt Knippscheer. Auch ein Dermatologe und ein Augenarzt wären im MVZ in der nicht gerade überversorgten Ostlausitz willkommen.

Bis zu neun Ärzte will Knippscheer holen. Seine Arbeit brachte er so auf den Punkt: "Ich bin nicht politisch, doch als größter Arbeitgeber der Region mit 650 Angestellten arbeiten wir politisch."

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Statistisches Bundesamt

Beschäftigte arbeiten 2026 2,4 Arbeitstage mehr

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: Bei erfolgreich therapierter Sialorrhö ist Teilhabe wieder leichter möglich

© Olesia Bilkei / stock.adobe.com [Symbolbild]

Glycopyrroniumbromid bei schwerer Sialorrhö

Wirtschaftliche Verordnung durch bundesweite Praxisbesonderheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Proveca GmbH, Düsseldorf
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Lesetipps
Die Luftbelastung in Innenräumen mit Reinigungsprodukten betrifft jede Person. Sie beeinflusst unsere Lungenfunktion, und das lebenslang. Diese Gefahr wird unterschätzt. So die Meinung einer Pneumologin aus Italien.

© natali_mis / stock.adobe.com

Verschmutzte Luft

Was Reinigungsmittel in der Lunge anrichten können