Studie zeigt

Kliniken wollen Zuweiser umgarnen

Kommunale Krankenhäuser suchen Auswege aus der Krise. Dabei geraten die niedergelassenen Ärzte verstärkt in den Blick, wie eine Studie zeigt.

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NEU-ISENBURG. Manager kommunaler Kliniken wollen niedergelassene Ärzte als Zuweiser und auch Patienten künftig besser von ihren Angeboten überzeugen.

Das ist nach Angaben der Unternehmensberatung Deloitte ein Ergebnis ihrer aktuellen Studie "Herausforderungen für kommunale Krankenhäuser in Deutschland".

In der Erhebung gaben vierzig Geschäftsführer Auskunft über Chancen und Bedrohungen für ihre Einrichtungen und zu den geplanten strategischen Gegenmaßnahmen.

Die Situation für die Kliniken in kommunaler Trägerschaft ist brenzlig. Das zeigt nicht zuletzt das Beispiel des Verkaufs des überschuldeten Klinikums Offenbach für den symbolischen Betrag von einem Euro.

Zudem ist die Anzahl der kommunalen Krankenhäuser zwischen 2002 und 2011 - und damit innerhalb einer Dekade - mit 24 Prozent um fast ein Viertel geschrumpft.

Letzteres versinnbildlicht nicht zuletzt die finanzielle Instabilität vieler betroffener Kliniken, die bis hin zur Insolvenzgefahr reicht.

Offenbach wird zum Symbolfall

Die Ursachen für die schlechte Performance der kommunalen Kliniken haben die Studienautoren gleich mit identifiziert: Erlöse im Gesundheitssystem sind durch Verteilungsmechanismen politisch reguliert.

Kostenposten für Energie oder Löhne würden hingegen in erster Linie der marktwirtschaftlichen Dynamik folgen, so Deloitte. Daraus entstehe eine prekäre Deckungslücke.

Hinzu komme, dass der deutsche Markt für stationäre Versorgung mit rund 2000 Kliniken gesättigt sei. Das führe zu starkem Wettbewerb zwischen privaten, kommunalen und freigemeinnützigen Trägern.

Zusätzlich gerieten die kommunalen Häuser ins Hintertreffen, da bei ihnen weniger die Gewinnabsicht als die regionale Erfüllung des Versorgungsauftrages im Zentrum der Aktivitäten stehe.

Als größte Entwicklungstrends der nächsten Jahre machen die Umfrageteilnehmer den anhaltenden Kostendruck und den demografischen Wandel aus. Darauf gelte es, das Leistungsangebot einzustellen und die Kosten durch transparente Analysen vorausschauend in den Griff zu bekommen.

Chancen erhofft sich die Mehrheit der Klinikchefs vor allem durch Marketingmaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit. So wollen sie etwa dadurch Wettbewerbsvorteile gewinnen, dass sie niedergelassene Ärzte stärker von ihrer jeweiligen Einrichtung überzeugen.

Demografiewandel birgt Potenzial

Ein Drittel der Studienteilnehmer beschäftigt sich derzeit mit der Intensivierung der Kontaktpflege zu niedergelassenen Ärzten. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei "unentbehrlich" für eine nachhaltig positive Entwicklung der Einrichtung, heißt es.

Außerdem sehen die Klinikchefs Chancen in der stärkeren Verbreitung sektorenübergreifender Versorgung sowie in der Veränderung der Krankheitsbilder aufgrund der demografischen Entwicklung.

Die größten Bedrohungen sehen die Klinikmanager hingegen im Fachkräftemangel - bei Fachkrankenpflegern wie Ärzten - und im Rückzug der Bundesländer aus der Krankenhausfinanzierung.

Im Schnitt bleibe ein hoher Anteil vakanter Stellen für drei Monate und länger unbesetzt. Dadurch würden weniger Patienten behandelt.

Die so entstehenden Engpässe müssten oft durch den Einsatz von Honorarkräften kompensiert werden, was für die Befragten jedoch mit höheren Kosten verbunden sei.

Mehr als die Hälfte der Kliniken beschäftigt sich daher auch mit neuen Modellen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit. Davon erhofft man sich, als Arbeitgeber attraktiver für Ärzte zu werden.

Externe Finanzquellen erschließen

Die wichtigsten Baustellen des künftigen Klinikmanagements sind nach Ansicht der Befragten Personal/Führung, Investition/Finanzierung sowie Ablauforganisation. Um sich besser gegenüber der Konkurrenz zu positionieren, müssten die Häuser investieren, rät Deloitte.

Die Investitionsquote liege bei mageren fünf Prozent - deutlich unter dem gesamtwirtschaftlichen Niveau von 17,6 Prozent. Besonders betroffen sei die Bau-Infrastruktur. 17 Prozent der Kliniken erstellten nun Ratings, um externe Finanzquellen zu erschließen.

Interne Effizienz und erfolgreiche Außendarstellung sind nach Einschätzung der Studienautoren also Trumpf: Die Klinik, die sich einweisenden Ärzten und potenziellen Mitarbeitern im richtigen Licht präsentiert und durch Transparenz im Kosten- und Leistungsbereich im Markt navigierbar bleibt, sei gut gerüstet für die Zukunft. (mh)

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