Arzneitherapiesicherheit

Knackpunkt Kommunikation

Bei der Betreuung gemeinsamer Patienten bedarf es eines Schulterschlusses zwischen Ärzten und Apothekern, fordert ein Wissenschaftler.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

MÜNSTER. Bei der Betreuung gemeinsamer Patienten gibt es zwischen Ärzten und Apothekern ein deutliches Ungleichgewicht: "Die Apotheker haben die Ärzte fest im Blick, umgekehrt ist das nicht der Fall", sagte Professor Achim Baum von der Hochschule Osnabrück bei den 4. Münsteraner Gesundheitsgesprächen der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL).

Dieses Verhältnis müsse sich dringend verändern, forderte Baum. "Die Kooperation auf Augenhöhe ist notwendig."

Mit seiner Kommunikationsagentur Lege Artis hat Baum im Auftrag der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe im Jahr 2015 die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern untersucht, mit besonderem Fokus auf die Arzneimitteltherapie-Sicherheit. Basis der explorativen Untersuchung war eine Datenerhebung per Fragebogen bei den Mitgliedern der AKWL.

Von 2040 angeschriebenen Apothekern nahmen 716 teil. Ergänzt wurde die Erhebung durch eine Gruppendiskussion mit neun Apothekern sowie telefonische Interviews mit zehn niedergelassenen Ärzten, darunter sechs Hausärzte.

Meist suchen Apotheker den Kontakt

Nach der Untersuchung erfolgt die Kontaktaufnahme fast immer von Seiten der Apotheker, weit überwiegend über das Telefon.

Der Apotheker wendet sich häufig an den Arzt, weil Rezepte unvollständig oder fehlerhaft ausgefüllt wurden, oder er greift aus einem pharmazeutischen Anlass zum Hörer: wegen einer vermeintlichen oder einer tatsächlichen unerwünschten Arzneimittelwechselwirkung.

Baum berichtete, dass die Kommunikation zwischen den beiden Heilberufen oft misslingt. Wichtige Gründe sind Misstrauen und Ressentiments auf beiden Seiten: Manche Ärzte stellen den medizinischen Nutzen der Arbeit der Apotheker in Frage und werfen ihnen vor, ihren Kompetenzbereich zu überschreiten.

Apotheker wiederum bezweifeln die pharmazeutische Kompetenz ihrer medizinischen Counterparts und ihre Fähigkeit, Interaktionen richtig einschätzen zu können. Ärzte empfinden die Anrufe der Apotheker als störend im Praxisalltag, Apotheker ärgern sich darüber, dass sie oft an der Medizinischen Fachangestellten nicht vorbei kommen.

"Man muss über die gegenseitigen Kompetenzen sprechen und Informationen darüber austauschen, was der andere jeweils macht", skizzierte Baum den Handlungsbedarf.

Hilfreich für eine bessere Kooperation wäre es auch, wenn Ärzte und Apotheker über die systemimmanenten Hürden und Sachzwänge Bescheid wissen, mit denen die andere Seite zu kämpfen hat.

"Baumberger Impuls" verabschiedet

Gerade mit Blick auf eine bessere und sicherere Patientenversorgung sei es notwendig, Kommunikationshemmnisse aus dem Weg zu räumen und die interprofessionelle Kooperation zu stärken, sagte Baum. Ärzte und Apotheker sollten sich als "high responsibility teams" verstehen.

In Westfalen-Lippe haben die Ärztekammer und die AKWL im Herbst 2015 einen Runden Tisch initiiert und ein gemeinsames Positionspapier zur Kooperation zwischen den beiden Berufsgruppen verabschiedet, den "Baumberger Impuls".

"Die Studie ist Grundlage für den Schulterschluss, den wir als Ärzteschaft und Apothekerschaft vorgenommen haben", sagte AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Es gehe darum, das Miteinander der Heilberufe zum Wohle der Patienten zu gestalten.

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Dr. Theodor Windhorst betonte den hohen Stellenwert des Respekts zwischen den beiden Seiten. "Ohne Respekt bekommen wir keine Möglichkeit der Vertrauensbildung."

Die beiden Kammern müssten gemeinsam standardisierte Kommunikationsformen auf den Weg bringen, sagte AKWL-Vorstand Frank Dieckerhoff. "Es darf kein Glücksfall mehr sein, ob die Kommunikation zwischen den Berufsständen gelingt."

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