Wenn Kooperation endet

Lücken im Partnervertrag führen zu Streit

Wer ist bei Auflösung einer Gemeinschaftspraxis für die Abschlussbilanz zuständig? Um am Ende der Partnerschaft Streit zu vermeiden, sollte dies schon am Anfang der Kooperation festgelegt werden, zeigt ein vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelter Fall.

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Nur wer beim Abschluss eines Kooperationsvertrags schon die Modalitäten für eine mögliche Trennung festlegt, kann am Ende Streit vermeiden.

Nur wer beim Abschluss eines Kooperationsvertrags schon die Modalitäten für eine mögliche Trennung festlegt, kann am Ende Streit vermeiden.

© Yuri Arcurs / fotolia.com

KARLSRUHE (mwo). Praxispartner sollten gleich zu Beginn ihrer Kooperation regeln, was im Fall einer Trennung geschehen soll.

Wichtig ist dabei auch die Frage, wer für die Abschlussbilanz zuständig ist und wer auf die ihr zugrunde liegenden Daten zugreifen darf. Andernfalls kann es zu unerquicklichem Streit und Taktiererei kommen, wie ein vom Bundesverfassungsgericht verhandelter Fall zeigt.

Die streitenden Ärzte hatten gemeinschaftlich eine Arztpraxis betrieben, an der sie jeweils zur Hälfte beteiligt waren.

Für den Fall der Auflösung der Gesellschaft und Übernahme der Praxis durch einen der Partner sollte der andere "eine Abfindung nach Maßgabe einer Abfindungsbilanz" erhalten, einschließlich eines immateriellen Praxiswerts (Goodwill) von 25 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes der letzten fünf Jahre.

Streit um Abschlussbilanz

2007 kam es zum Bruch. Beide Ärzte kündigten wechselseitig, einer übernahm die Praxis samt Inventar. Geld für den Goodwill zahlte dieser Arzt nicht aus.

Der andere verlangte daher, der in der Praxis verbliebene Arzt müsse die Abschlussbilanz erstellen, aus der der vereinbarte Goodwill hervorgeht.

Dieser erklärte jedoch: Auch er habe die Gesellschaft gekündigt. Diese sei damit beendet, eine Abschlussbilanz nicht nötig. Jedenfalls sei er nicht alleine dafür zuständig. Weil die Gesellschaft liquidiert sei, sei für die Auszahlung eines Goodwills kein Raum mehr.

Der ausgeschiedene Arzt stellte seine Klage nun dahin um, der andere müsse zumindest an der Abschlussbilanz mitwirken. Sein Versuch, selbst an die notwendigen Daten zu kommen, führte zum Vorwurf des Kollegen, er wolle früher gemeinsame Patienten für seine neue Praxis abwerben.

Zudem behauptete der verbliebene Arzt, sein Kollege habe inzwischen über das Rechenzentrum alle für eine Abschlussbilanz notwendigen Daten bekommen.

OLG München muss nochmal verhandeln

Das Oberlandesgericht (OLG) München ignorierte dies und stützte sich allein auf die Behauptung des ausgeschiedenen Arztes und Klägers, er sei nicht an die notwendigen Daten gekommen. Daher verurteilte das OLG den verbliebenen Arzt zur Mitwirkung an der Abschlussbilanz.

Damit aber hat das OLG den beklagten und verbliebenen Arzt in seinem rechtlichen Gehör verletzt, entschied nun das Bundesverfassungsgericht. Für das OLG sei es offenkundig entscheidungserheblich gewesen, wer Zugriff auf die Daten hatte.

Daher habe das Gericht den Vortrag samt Beweisangeboten nicht ignorieren dürfen, dass beiden Ärzten der Zugriff auf die Daten möglich gewesen sei. Nach dem Karlsruher Beschluss soll das OLG München nun neu über den Streit entscheiden.

Az.: 2 BvR 1013/11

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