Mit Immobilien gegen die Inflation gefeit?

Grassiert in Deutschland die Angst vor Inflation, rückt für viele Anleger sofort die Mietimmobilie in den Fokus. Denn Boden und Beton gelten als adäquater Schutz vor Geldentwertung. Doch die Sache hat einen Haken: Vermietete Immobilien bieten weniger Inflationsschutz als erhofft.

Von Jürgen Lutz Veröffentlicht:
Der Standort eines Hauses, hier die Hamburger Hafenstraße, entscheidet über den Wertzuwachs.

Der Standort eines Hauses, hier die Hamburger Hafenstraße, entscheidet über den Wertzuwachs.

© Felix Schumpelick / Fotolia.com

Nach einer Umfrage der R+V-Versicherung hatten Ende 2009 mehr deutsche Bürger Angst vor künftigen Preissteigerungen als vor einer schweren Krankheit. Diese Befürchtungen dürften sich wegen der aktuellen Staatsschulden-Krise noch verschärft haben. Um sich vor Inflation zu schützen, setzen viele Bundesbürger auf vermietete, also nicht selbst genutzte Immobilien. Laut Umfrage des Immobilienverbands IVD sind für 43 Prozent der Immobilienkäufer Inflationssorgen und die Einschätzung der Immobilie als sichere Anlage der Hauptgrund für den Erwerb.

Es gibt einige Argumente, die dabei gern angeführt werden. Erstens handele es sich bei Mietimmobilien um reale Werte, die mit den Mieten nachhaltig Erträge erwirtschafteten. Zweitens fielen die Schwankungen dieser Renditen geringer aus als bei vielen anderen Anlagen. Und drittens führe die rückläufige Zahl der Baugenehmigungen und -anträge zwangsläufig zu steigender Nachfrage und Mietanstieg.

Das klingt schlüssig - doch die Praxis sieht anders aus, wie Immobilienprofis bestätigen. "Deutsche Immobilien haben keinen eingebauten Inflationsschutz. Langfristig betrachtet liegt die Immobilienpreisentwicklung unter der Inflationsrate", heißt es in einer Studie der Marktforscher von BulwienGesa im Auftrag von Deutsche Land. Untersucht wurde die Preisentwicklung bei Wohn- und Gewerbeobjekten seit 1975.

Trend in die Ballungsräume verstärkt den Standortfaktor

In einer weiteren Studie zeigte BulwienGesa, dass die Verbraucherpreise für die Lebenshaltung seit 1975 um 130 Prozent gestiegen sind, die Preise für Gebäude und Mieten in einem selbst ermittelten Index aus 125 Städten aber nur um etwa 100 Prozent. Fazit: Immobilienanleger erlitten Kaufkraftverluste.

Wer sich trotz der eher verhaltenen Aussichten für ein Immobilieninvestment entscheidet, sollte vor allem auf die Lage, aber auch auf eventuelle Rendite-Killer achten, wie Friedrich Huber von der Münchener Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen anmerkt. Nur Top-Standorte verhießen stabilen Wertzuwachs, der mit der Inflation mithalten könne. Der Trend in die Ballungsräume werde die Immobilienpreise weiter auseinander laufen lassen und den Faktor Standort verstärken.

Zudem sollten Anleger die Erwerbsnebenkosten bedenken, die die Rendite schmälern könnten. Dazu gehörten: Maklercourtage, steigende und nicht auf die Mieter umlagefähige Nebenkosten, Risiken wie Mieterwechsel, damit einhergehende Renovierungen sowie eventueller Leerstand und neue Bauverordnungen, etwa zu Energieeffizienz und Brandschutz.

Höhere Inflationsrate nagt an Geldanlagen

Wer hofft, seine Darlehensschuld durch Inflation entwerten zu lassen, schneidet sich mit dieser Strategie ins eigene Fleisch - dies nicht nur dann, wenn die Rate niedriger als "erhofft" ist, sondern auch wenn sie eintritt. Denn: Einerseits droht dann der Wertverfall der anderweitig angelegten Ersparnisse. Andererseits ist in diesem Fall die Anschlussfinanzierung wegen zu hoher Zinsen gefährdet, so Hennrik Kipper vom Stuttgarter Bankhaus Ellwanger & Geiger. Fazit: Die Angst vor der Inflation sollte nie das einzige Argument für den Erwerb einer Mietimmobilie sein.

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