Anlagenkolumne
Nachhaltigkeit: Die Aktienblase in Grün?
Der Corona-Crash ist ausgeblieben, die Geldschwemme hält die Hausse am Leben. Der Ausstieg aus fossiler Energie könnte die nächste große Börsenblase einleiten.
Veröffentlicht:Aktionäre, die den „großen Crash“ im Zuge der ersten Lockdown-Krise und der zweiten Welle befürchteten, wurden überrascht: Das System ist wieder einmal nicht untergegangen. Die Zentralbanken wissen genau, wie sie manipulieren müssen: Nullzinspolitik und Schuldpapiere mit neu geschaffenem Geld kaufen. Sehr viel Geld kommt dabei nicht in der Realwirtschaft an sondern landet in der Finanzspekulation. Eine Überstimulation der Weltwirtschaft und eine Inflation der Vermögenspreise wird in Kauf genommen. Die Bereitschaft Geldvermögen zu halten, schwindet.
Doch von einer „Flucht aus dem Geld“ ist zumindest bislang nichts zu erkennen. Die Einlagen bei Banken erreichen Rekordsummen. Dennoch könnte dies der Treibsatz für eine „Katastrophenhausse“ sein. Aktienkurse könnten sich durch den Geldüberschuss in den 2020er Jahren weit von der Realwirtschaft abkoppeln.
Global wird von Notenbanken der Weg in Richtung „Zinsabschaffung“ weiter verfolgt werden. Zur Pandemiebekämpfung mit der alternativlosen Neuverschuldungspolitik werden die Finanzierungskosten für den Umbau der Weltwirtschaft hin zu einer nachhaltigen Ökonomie drauf gepackt werden müssen. Ein Ende des fossilen Zeitalters ist politisch beschlossen.
Die Notwendigkeit eines Neustarts ist zweifellos gegeben. Die Tagesordnungen der großen internationalen Zusammentreffen über Zukunftsthemen gleichen mittlerweile einem Parteitag der „Grünen“. Der Zins für den grünen Umbau könnte zumindest für bestimmte Staaten dank der Hilfe der Notenbanken dauerhaft abgeschafft werden.
Die Notenbanken können nicht mehr aus der Nullzinspolitik aussteigen, ohne Probleme für die Staatsfinanzen und Turbulenzen an den Finanzmärkten zu erzeugen. Und die politische Positionierung in Richtung Nachhaltigkeit könnte Ähnlichkeit mit der Bewerbung von Telekom-Aktien um die Jahrtausendwende bekommen. „Normale“ Aktien müssen wahrscheinlich zu „grünen“ Aktien werden, damit die Politik Aktieninvestments wieder mehr fördert.
Firmen, die erneuerbare Energien, Rohstoffe für neue Batterietechniken, die Kreislaufwirtschaft oder die neue E-Mobilität im Fokus haben, könnten politisch getrieben vielleicht in diesem Jahrzehnt für die nächste Blase in Grün sorgen.
Gottfried Urban ist Geschäftsführer der Urban & Kollegen GmbH. Er ist mehrfach für seine Leistungen in der Vermögensverwaltung ausgezeichnet worden.