Kliniken in Not

"Nicht einmal ein Fuß in der Tür"

Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft schlägt Alarm: Alfred Dänzer hält die bisher bekannt gewordenen Koalitionspläne von Union und SPD über die Zukunft der Klinikfinanzierung für alles andere als ausreichend.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Wenig los: Viele Kliniken sind finanziell angeschlagen.

Wenig los: Viele Kliniken sind finanziell angeschlagen.

© Peter Atkins / fotolia.com

DÜSSELDORF. Angesichts der desolaten finanziellen Lage vieler Krankenhäuser muss die künftige Bundesregierung den Ernst der Lage erkennen und nachhaltig und ursachengerecht handeln, fordert der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft Alfred Dänzer.

"Wenn 50 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen schreiben, dann kann das nicht an den Häusern liegen", sagte Dänzer bei der Eröffnung des Deutschen Krankenhaustages während der Medica in Düsseldorf.

"Es ist die über Jahre fortbestehende Unterfinanzierung bei den Betriebs- und Investitionskosten."

Nach einem gerade veröffentlichten Krankenhaus-Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts haben im vergangenen Jahr 51 Prozent der Kliniken Verluste geschrieben, verglichen mit 31 Prozent ein Jahr zuvor.

Fast 60 Prozent der Häuser verzeichneten danach ein rückläufiges Geschäftsergebnis. 2013 schätzten nur noch 13 Prozent ihre wirtschaftliche Lage als gut ein. Basis der Untersuchung ist eine repräsentative Stichprobe mit Befragungen in 290 Krankenhäusern.

Zwar gebe es in den bisherigen Texten aus den Verhandlungen von Union und SPD zu einer Großen Koalition zum Bereich der Krankenhausfinanzierung einige positive Aspekte, sagte Dänzer. Sie gingen aber noch nicht weit genug.

Die Kliniken bräuchten die klare Aussage, dass die Landesbasisfallwerte ein für alle Mal von der Degression durch die Morbiditätsentwicklung freigestellt werden und dass ihnen der volle Orientierungswert losgelöst von der Grundlohnrate zur Verfügung steht.

Er habe den Eindruck, dass die Krankenhausfinanzierung nach wie vor restriktiv gesehen wird, sagte Dänzer. "Jede Reform der Krankenhausfinanzierung bleibt unvollendet, wenn man nicht auch die Investitionsfinanzierung reformiert."

Nachholbedarf bei Investitionen

Auch die Verhandler der Großen Koalition sehen erhebliche Probleme in der Krankenhausfinanzierung, insbesondere in der Investitionsfinanzierung, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Lothar Riebsamen. "Bei den Investitionen der Länder haben wir ganz erheblichen Nachholbedarf."

Die Einrichtung einer Bund-Länder-Kommission solle dazu beitragen, Lösungen zu finden. Riebsamen zeigte sich zuversichtlich, dass die Kommission zu einem Ergebnis kommen wird. Auch die Länder hätten den Handlungsbedarf erkannt.

Da ist Dänzer deutlich skeptischer. "Am Endes des Jahres 2014 werden wir nicht weiter sein als am Ende des Jahres 2013", prognostizierte er.

Der von der Arbeitsgruppe Gesundheit diskutierte Fonds in Höhe von 500 Millionen Euro zur Umwidmung von Kliniken löse die Kernprobleme der Häuser nicht, betonte Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbands der Leitenden Krankenhausdirektoren Deutschlands.

"Das ist noch nicht einmal ein Fuß in der Tür zu einer Neuordnung der Investitionsfinanzierung", kritisierte er. Notwendig sei eine völlige Neuordnung der Finanzierung, bei der auch der Bund und die Krankenkassen in die Pflicht genommen werden müssen.

Eins steht für Düllings fest: "Auf der Betriebsebene der Krankenhäuser gibt es keine Wirtschaftlichkeitsreserven mehr."

Spahn setzt auf Qualität

Die Meldung, dass jede zweite Klinik in Deutschland rote Zahlen schreibe, sei besorgniserregend, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn in einer Stellungnahme zum Krankenhaustag.

"Ärzte und Pflegekräfte arbeiten vielfach heute schon am Limit dessen, was geht", so Spahn, der auch Verhandlungsführer der Union in der AG Gesundheit bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD ist.

"Wir wollen als Union zwei Kriterien bei der Finanzierung der Krankenhäuser stärker in den Mittelpunkt rücken: die flächendeckende Versorgung, gerade im ländlichen Raum und ein stärkerer Einfluss der Qualität auf die Vergütung der Häuser", so Spahn.

Seit Jahren würden jedes Jahr etwa zwei Milliarden Euro mehr für die Krankenhäuser ausgegeben als im Vorjahr. Es gehe nicht nur um mehr Geld, sondern auch um Strukturen.

Der Fonds in Höhe von 500 Millionen Euro in überversorgten Gebieten solle die Umwandlung von Kliniken hin zu regionalen nicht-stationären Versorgungszentren finanziell unterstützen. Spahn: "Das Krankenhaus der Zukunft muss gut, gut erreichbar und sicher sein."

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