Kooperation | In Kooperation mit: apoBank

Auftakt der apoBank-Talkreihe

Plädoyer für mehr Empathie und Zeit

Wie viel Geld darf mit Gesundheit verdient werden? Um diese Frage ging es beim ersten Talk der apoBank zur Bundestagswahl. Ärzte und Politiker waren sich einig, dass die richtigen Anreize zu einer besseren Versorgung geschaffen werden müssen.

Kathrin HandschuhVon Kathrin Handschuh Veröffentlicht:
Dr. Wolfgang Albers (Die Linke), Professor Andrew Ullmann (FDP), Dr. Clara Matthiessen vom Bündnis Junge Ärzte, Pädiater Dr. Sven Supper und Moderator Professor Andreas Beivers (von links nach rechts)

Dr. Wolfgang Albers (Die Linke), Professor Andrew Ullmann (FDP), Dr. Clara Matthiessen vom Bündnis Junge Ärzte, Pädiater Dr. Sven Supper und Moderator Professor Andreas Beivers (von links nach rechts)

© Privat (3) | Ullmann: Brian Rauschert

Neu-Isenburg. Die optimale Patientenversorgung benötigt mehr Emotionen, Qualität und Zeit. Das war der Tenor der Diskussionsrunde mit dem Titel „Wie viel Geld darf mit Gesundheit verdient werden?“ der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) am vergangenen Freitag. Die Online-Veranstaltung mit mehr als 220 Teilnehmern bildete den Auftakt einer dreiteiligen apoBank-Talkreihe zur Bundestagswahl.

Vor allem der Pfullendorfer Kinderarzt Dr. Sven Supper brach eine Lanze für eine patientenorientierte medizinische Versorgung: „Für Emotionen hat man im Praxisalltag leider kaum Zeit, das ist eine Katastrophe“, kritisierte er.

Eine Behandlung, die durch Zeit und Empathie gekennzeichnet ist, sollte in der Abrechnung honoriert werden, bislang seien Gespräche mit den Patienten nicht genügend im EBM abgebildet. „Desaströs“ aufgestellt sei das Gesundheitswesen immer noch besonders bei der Digitalisierung: So gebe es beispielsweise keinerlei Anreize und Strukturen für konsiliarische Tätigkeiten.

Mehr Geld verdienen sollten nach Meinung Suppers auch die MFA – durch eine weitere Erhöhung der Gehälter. Denn diese seien auch nach der Tarifanpassung Anfang Januar immer noch zu niedrig, Aber: „Wir brauchen eine Gegenfinanzierung. Mehr Geld für die Praxisangestellten darf nicht am Ende eine ‚Lohnkürzung‘ des Arztes bedeuten.“

Der Gesundheitsökonom Professor Andreas Beivers von der Hochschule Fresenius, der den Talk moderierte, berichtete aus seiner Tätigkeit in den Schiedsstellen mehrerer KVen, dass die MFA-Gehälter dort regelmäßig ein heiß diskutiertes Thema seien.

DRG-System kennt keine Marge

Wie viel Geld darf also mit Gesundheit verdient werden? Einigkeit herrschte darin, dass es keine eindeutige Antwort gibt. „Die Frage sollte wohl eher lauten, auf wessen Kosten die Rendite geht“, betonte Dr. Wolfgang Albers, Abgeordneter der Linken und ehemaliger Chirurg in Berlin.

Personalkosten seien die Stellschrauben, mit denen Geld im Krankenhaus verdient werden könne – „und es wird reichlich Geld verdient“, so Albers. Er führte weiter aus: „Im DRG-System ist keine Marge einkalkuliert, Gewinne entstehen auf Basis einer möglichst billig erbrachten Leistung.“

Er warf die Frage auf, wieso sich ein Krankenhaus überhaupt finanziell rechnen müsse. Fallzahlen zu erhöhen, könne nicht das Ziel sein, stattdessen „sollten wir uns als Gesellschaft über leere Krankenhäuser freuen“. Hier gab es Unterstützung von Pädiater Supper: „Eine gesunde Population ist der Idealzustand.“

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Professor Andrew Ullmann forderte, die Patienten verstärkt in den Fokus der Versorgung zu nehmen. „Patienten sind soziale Wesen und das Krankenhaus ist keine Reparaturwerkstatt von Menschen.“ Qualitätsstandards einzuführen – und diese auch zu überwachen – sei jedoch keine einfache Geschichte, hier benötige der Medizinische Dienst der Krankenkassen klare Vorgaben für entsprechende Kontrollen.

Staat fällt bei Investitionen aus

Für Ullmann steht fest: „Wenn wir eine gute Versorgung wollen, müssen wir investieren.“ Da der Staat als Investor in der dualen Finanzierung leider schon seit Jahren permanent ausfalle, könnten die notwendigen Gelder für die Investitionen derzeit nur über Effizienzsteigerungen „verdient“ werden.

Auch Moderator Beivers wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Gewinne nicht in die Taschen privater Anteilseigner gehörten. „In diesem speziellen Markt muss die Politik Rahmenbedingungen dafür setzen, was erlaubt ist und was nicht. Fallpauschalen sind an der Entwicklung nicht alleine schuld, es gibt einfach keine Gegensteuerung.“

Waren Ullmann und Albers bei der Frage der Gewinne vielleicht unterschiedlicher Meinung: Übereinstimmung zeigten sie besonders bei der Forderung nach einer Strukturreform des Gesundheitssystems: So müsse die regionale Versorgung sektorübergreifend aufgestellt werden und Ärzte müssten sowohl ambulant als auch stationär praktizieren.

Dr. Clara Matthiessen vom Bündnis Junger Ärzte nutzte die Gelegenheit, auf die aus ihrer Sicht schlechten Arbeitsbedingungen von Klinikärzten hinzuweisen: „Die zunehmende Arbeitsverdichtung und der Zeitmangel bergen ein hohes Burn-out-Risiko.“ Sie betonte, dass Fehlanreize vor allem durch den Drang zur Effizienzsteigerung gesetzt würden, immer mehr Mediziner könnten ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkommen und litten zunehmend unter Gewissensbissen.

Unmut herrsche auch über die Weiterbildungsqualität, viele Arbeitgeber betrachteten dies nur als lästiges Beiwerk, weil damit kein Geld zu verdienen sei.

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› Redaktion: Kathrin Handschuh und Hauke Gerlof

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