Anlegers Liebling

Sind börsennotierte Indexfonds sichere Anlagemöglichkeiten?

Über börsennotierte Indexfonds können Anleger billig in Aktienkörbe investieren. Doch die ETF-Anlagen bergen Risiken.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Wer nur auf ETF setzt, kann finanziell unter die Räder kommen.

Wer nur auf ETF setzt, kann finanziell unter die Räder kommen.

© alinghiblue / iStock.com

NEU-ISENBURG. Die New Yorker Börse hat kaum eröffnet, da stürzt der Dow Jones in die Tiefe. Mehr als zehn Prozent verliert der US-Leitindex binnen Sekunden. Zwar steigen bald mutige Käufer ein und heben die Kurse wieder auf das Vortagsniveau.

Doch hunderttausende Anleger haben Milliarden US-Dollar verloren, weil im Sekunden-Crash automatische Verkaufsaufträge – sogenannte Stopp-Loss-Orders – ausgelöst wurden.

Inzwischen hat die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt, was den "Flash Crash" am 24. August vergangenen Jahres verursacht hat: Börsennotierte Indexfonds, sogenannte ETF. Weil einige Profiinvestoren zu Handelsbeginn Anteile von ETF auf den Dow Jones in größerem Stil zum Verkauf stellten, sackten die Kurse der Aktien im Index auf breiter Front ab.

Dies löste in den computergesteuerten Handelssystemen Anschlussverkäufe aus, die die Börse in Sekunden in den Keller rissen. Und: Die Indexfonds selbst verloren im Flash Crash sogar bis zu 30 Prozent an Wert – das Dreifache der Verluste ihrer Basisaktien.

Eigentlich sollte dies unmöglich sein. "ETF sollen schlicht eins zu eins ihren Index nachbilden", sagt Moritz Westerheide, Analyst der Bremer Landesbank. "Daher sollten ihre Kurse immer exakt die der Basiswerte widerspiegeln."

Investoren lieben ETF

Bislang galten ETF als Anlegers Liebling. "Da sie nicht aktiv gemanagt werden, fallen kaum Gebühren an", sagt Westerheide. Zudem werden die Anteile direkt an der Börse gehandelt, so dass Anleger nicht die bei anderen Fonds üblichen Ausgabeaufschläge von bis zu fünf Prozent an Banken zahlen müssen.

"ETF kosten daher bis zu 95 Prozent weniger als aktiv verwaltete Fonds", sagt Axel Melber, Geschäftsführer der Bielefelder Vermögensverwaltung Werther und Ernst. Das trieb bislang immer mehr Investoren in die Papiere.

Nach Berechnungen des US-Finanzanalysedienstes Morningstar waren zu Jahresbeginn allein in europäischen ETF 467,41 Milliarden Euro investiert – ein Zuwachs von 24 Prozent gegenüber Dezember 2014. Doch seit dem Flash Crash werden die Indexfonds zunehmend kritisch gesehen.

ETF ist nicht gleich ETF

"Dies gilt insbesondere für jene ETF, die nicht physisch mit Aktien ihres Indexes hinterlegt sind, sondern über Tauschgeschäfte zwischen Profiinvestoren auf andere Indizes gebildet werden", sagt Westerheide.

"Synthetische ETF sind oft mit ganzen anderen Aktien hinterlegt, als im namensgebenden Index vorhanden sind", erklärt Andreas Görler, Anlageexperte bei der Berliner Vermögensberatung Wellinvest - Pruschke & Kalm. "Der Ausfall eines Tausch-Partners kann deshalb zu Kettenreaktionen führen."

Größere Verkäufe von ETF-Anteilen auf einen Index könnten auch Indizes in anderen Teilen der Welt in die Tiefe reißen, warnt der Internationale Währungsfonds in einer Studie. "ETF sind potenzielle Landminen im Portfolio", sagt Rusty Holcombe, Inhaber des US-Vermögensverwalters Holcombe Financial in Atlanta.

Und weiter:  "Es braucht nur Sekunden größerer Marktvolatilität, und sie explodieren." Dies mache Stopp-Loss-Orders für Anleger inzwischen sehr riskant.

Alternative: Aktiv gemanagte Fonds

Wolfgang Juds, Geschäftsführer der Nürnberger Vermögensverwaltung Credo, hält ETF dennoch für geeignet, um "in sehr liquide Indizes wie den marktbreiten europäischen MSCI Europa oder den S&P 500 in den USA zu investieren". Diese spiegeln die Kursentwicklung großer Konzerne wider.

Anleger, die hingegen auf Aktien kleinerer Unternehmen setzen wollen, sollten zu aktiv gemanagten Fonds greifen, rät Juds. "Bei diesen Werten kommt es auf die gute Auswahl an."

Auch Frank Wieser, Geschäftsführer der Düsseldorfer PMP Vermögensmanagement, rät bei speziellen Anlagethemen zu aktiv verwalteten Fonds: "Wer in dividendenstarke Value-Aktien oder asiatische Unternehmensanleihen investieren will", sollte die Expertise qualifizierter Strategen nutzen.

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