Thüringer Behörden sollen Millionen an Klinikbetreiber zahlen
Staatliche Behörden haben die Sanierung eines Klinikstandorts in Thüringen behindert. Das hat jetzt das Landgericht Erfurt entschieden.
Veröffentlicht:SAALFELD/ERFURT. Eine turbulente Gerichtsodyssee um den thüringischen Klinikstandort WeißenburgEtzelbach hat mit Urteilen des Landgerichts Erfurt nach zwölf Jahren ein vorläufiges Ende gefunden. Das Land Thüringen muss danach der alten Betreibergesellschaft des Standortes Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen. Die Gesellschaft kann zudem von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (DRVM, ehemals LVA) zusätzlich rund 8,9 Millionen Euro Schadenersatz nebst Zinsen fordern, entschied das Gericht weiter. Insolvenzverwalter Hanns Pöllmann, der geklagt hatte, warf den Behörden vor, die Versorgung von Patienten und den Erhalt von Arbeitsplätzen gefährdet zu haben. "Das Verhalten des thüringischen Gesundheitsministeriums sowie der LVA ist nicht nur eklatant rechtswidrig, sondern auch skandalös", sagte Pöllmann.
Der Streit begann Ende der 1990-er Jahre. Die von einem Alteigentümer als interdisziplinäre Therapiezentren betriebene Akutklinik für Rheumatologie in Etzelbach und die Rehaklinik Weißenburg wurden 1997 insolvent, und Insolvenzverwalter Hanns Pöllmann übernahm die Geschäfte. Auf Betreiben der Alteigentümer entstand zugleich eine neue Gesellschaft, auf die Mitarbeiter, Patienten und Betriebsmittel übertragen wurden, während die insolventen Therapiezentren als leere Hülle zurückblieben. Das wurde möglich, weil das Thüringer Gesundheitsministerium der neu gegründeten Gesellschaft den so genannten "Planbettenbescheid" ausstellte.
Insolvenzverwalter Pöllmann bezeichnet die Übertragung als "haarsträubendes Störfeuer" und "grob rechtswidrigen Schritt, der beinahe das Aus für die Akutklinik Etzelbach bedeutet hätte". Denn in der Folge beauftragten nach seiner Darstellung die Krankenkassen die neue Gesellschaft und überwiesen auch dorthin die Entgelte. Wegen der unklaren Zuständigkeiten gerieten Pöllmann zufolge die Zahlungen zeitweise ins Stocken, Mitarbeiter wanderten ab. Der Schaden wird auf mehr als zwei Millionen Euro beziffert. Das Gesundheitsministerium hat laut Sprecher Thomas Schultz Berufung eingelegt und will sich nicht weiter dazu äußern.
Die Rehaklinik Weißenburg litt zur gleichen Zeit fünf Jahre unter der "Verzögerungstaktik durch die LVA", berichtet Pöllmann. Sie schickte ab 1997 immer weniger und schließlich gar keine Patienten mehr in die Klinik. Die völlige Einstellung der Belegung mit Patienten war rechtswidrig, so das Gericht. Geschäftsführer Dr. Wolfgang Kohl von der DRVM will gegen den Entscheid Berufung einlegen.