Start-up aus Hamburg

Tumordiagnostik soll die Therapie optimieren

Personalisierte Krebstherapie durch umfangreiche Tumoranalyse: Das ist das Geschäftsmodell des Hamburger Start-ups Indivumed.

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HAMBURG. Die 2002 gegründete Indivumed will die Krebstherapie patientenindividuell optimieren. Ihre Vision: Krebs zu beherrschen, wie eine chronische Krankheit. Professor Hartmut Juhl von der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg, Chirurg und Geschäftsführer von Indivumed und der Tochterfirma IndivuTest, stellte seinen Ansatz auf der Medica-Preview in Hamburg vor.

Juhl will die schon vorhandenen Krebsmedikamente zielgerichteter einsetzen. "Derzeit haben wir dazu 50 Wirkstoffe zur Verfügung," sagte Juhl, "und 800 Wirkstoffe sind in der Entwicklung, die noch differenzierter angreifen können."

Vor allem Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung sollen von dem Angebot der Firma profitieren.

Individuelle Therapie nötig

"Heute werden alle Patienten noch standardisiert behandelt mit Strahlen- und Chemotherapie. Um künftig personalisiert zu therapieren, "müssen wir die Krebszellen beim einzelnen Patienten entschlüsseln", sagte Juhl. "Denn jeder Patient hat einen zellbiologisch einzigartigen Krebs und braucht eine individuell angepasste Therapie."

Darmkrebs sei also nicht gleich Darmkrebs und Brustkrebs nicht gleich Brustkrebs.

So hätten er und seine Mitstreiter der Tochterfirma IndivuTest ein standardisiertes Verfahren entwickelt, das das Tumorgewebe durch geschultes Personal per Biopsie direkt bei der Op entnimmt und bei 180 Grad schockgefriert, beziehungsweise in Formalin fixiert.

Denn das zellbiologische Muster des Tumors ändere sich nach der Entnahme aus dem Köper rasch, es ist also Eile geboten im OP. "Ein gut prozessiertes Gewebe ist die Grundlage für eine wirksame Therapie", so Juhl.

Datenbank soll rapide wachsen

Die dann folgende Gewebeuntersuchung umfasst die Sequenzierung der Tumor-DNA, eine Immunhistochemie und die Phosphoprotein-Analytik - Untersuchungen, die es bisher üblicherweise nur in der Forschung gebe, erklärte Juhl. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse und gegebenenfalls einem Abgleich mit klinischen Studien kann der Therapeut das für einen Patienten vermutlich wirksamste Medikament aussuchen.

Ob aber die Behandlung einer Krebserkrankung "durch unsere Untersuchungen tatsächlich erfolgreicher wird", sei mit Gewissheit nicht vorherzusagen, so Juhl weiter. Gewebe, Diagnosen und Therapien werden in Gewebe- und Datenbanken gespeichert, um für weitere Analysen zur Verfügung zu stehen.

Die Firma Indivumed betreibt nach eigenen Angaben die weltweit größte Tumorgewebe- und Datenbank mit Gewebeproben von derzeit rund 24.000 Patienten. In den kommenden Jahren soll sie auf einen Proben- und Datenbestand von 150.000 Krebspatienten anwachsen.

Neben der Gewebeuntersuchung bietet Indivumed in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Tochterunternehmen Sysmex Corporation Tumorblutanalysen der Patienten an, unter anderem, um den Therapieverlauf zu überwachen. "Anhand solcher flüssigen Biopsien sieht man aktuell, wie die Krankheitssituation ist", erklärte Juhl. Die Untersuchungsverfahren von Indivumed werden weder von gesetzlichen noch privaten Kostenträgern übernommen, Patienten müssen sie selber zahlen.

Patienten müssen selbst zahlen

Führt die Untersuchung in eine Therapie mit sonst nicht für die Krebsart vorgesehenen Medikamenten, muss die Kostenübernahme bei der Kasse beantragt werden. Mit durchschnittlich zehn Jahren dauere es immer noch zu lange, bis es Neuerungen in die Kostenerstattung schaffen, beklagte Juhl.

Seine Erklärung: "Erstens haben wir eine ‚Don´t-rush-Mentalität‘ und glauben, viel Zeit zu haben". Und zweitens stünde die schwer zu unterbrechende Routine unter Onkologen Innovationen oft im Weg. (cben)

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