Verhaltensbedingte Kündigung auch wegen schuldlosen Verhaltens möglich

Arbeitgeber müssen sexuelle Anzüglichkeiten auch von psychisch belasteten Mitarbeitern nicht hinnehmen.

Veröffentlicht:

KIEL (mwo). Auch wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen für sein Verhalten nicht voll verantwortlich gemacht werden kann, kann er trotzdem "verhaltensbedingt" entlassen werden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in Kiel bestätigte kürzlich die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der Kolleginnen in seinem Unternehmen beleidigt hatte.

Der 52-Jährige war Sachbearbeiter in einem Zulieferbetrieb der Automobilbranche. Die Trennung von seiner Familie führte ihn 2008 in eine psychische Krise. Fortlaufend belästigte er Kolleginnen mit anzüglichen Bemerkungen.

Eine Ermahnung half wenig. Schon zwei Tage später sagte er in seinem Großraumbüro: "Besser eine Frau mit Charakter als drei Schlampen." Bald darauf kündigte er an, er werde eine "Bombe platzen" lassen.

In der Mittagspause behauptete er dann, seine Vorgesetzte sei in der Nacht bei einem HIV-infizierten Geschäftspartner gewesen. Die Vorgesetzte und auch der Geschäftspartner stellten Strafanzeige wegen Verleumdung. Das Unternehmen schickte die Kündigung.

Dagegen wehrte er sich mit dem Hinweis, er sei manisch-depressiv. Seine Ärzte hätten ihm bestätigt, dass er auch bei der Sache mit der "Bombe" "schuldlos" gehandelt habe.

Wie schon das Arbeitsgericht wies nun auch das LAG die Kündigungsschutzklage ab. Der Mann sei bereits "einschlägig abgemahnt" worden und habe zuletzt seine Vorgesetzte grob beleidigen und "gezielt bloßstellen" wollen.

Zwar setze eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung in der Regel ein "schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers" voraus, so die Richter. Im Streitfall sei es dem Unternehmen aber ganz unabhängig von der Schuldfrage nicht zumutbar, die andauernden, sexuell gefärbten Beleidigungen und die dadurch verursachte erhebliche Störung des Betriebsfriedens weiter hinzunehmen.

Az.: 5 Sa 509/10

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was bringt die Entbudgetierung für Ihre Praxis, Dr. Schorn?

Lesetipps
Abbildung einer umgefallenen Engels-Statur.

© Quy / stock.adobe.com

Wichtiger Laborwert

HDL-Cholesterin – wie „gut“ ist es wirklich?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung