Wechsel in die Teilzeit: Was passiert mit Resturlauben?
Will eine Praxismitarbeiterin Teilzeit arbeiten, tun sich mitunter unerwartete Urlaubsansprüche auf.
Veröffentlicht:CELLE. Wechselt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter von Vollzeit in Teilzeit, verfällt ihr/ihm ein bis dahin "erdienter" Urlaubsanspruch nicht.
Sie/Er kann den Urlaub vielmehr auch während der Teilzeittätigkeit in voller Höhe noch nehmen. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, den Urlaubsanspruch zu mindern.
Und das gilt nicht nur für die Anzahl der Urlaubstage, sondern auch für das Entgelt, das der Arbeitnehmer während dieser Zeit bezieht. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem vergangenen Jahr.
Auswirkungen auf Deutschland
Die Entscheidung wirkt sich unmittelbar auch auf Deutschland aus, da Arbeitgeber sich an die Vorgaben aus Brüssel halten müssen.
Doch welche Konsequenz hat dies für die Praxis? Ein Beispiel zeigt es: Grundsätzlich haben Teilzeitangestellte einen anteiligen Urlaubsanspruch. Hat eine Vollzeitangestellte in einer Arztpraxis unter Zugrundelegung einer 5-Tage-Woche (montags bis freitags) einen vertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch von 30 Tagen, so entspricht dies sechs Wochen Urlaub.
Bei einer Teilzeitangestellten, die nur an zwei Tagen pro Woche arbeitet, entsteht in diesem Beispielsfall ein Urlaubsanspruch von 12 Tagen. Auch sie kann dadurch letztlich sechs Wochen Urlaub nehmen.
Wechselt dieselbe Mitarbeiterin im laufenden Arbeitsverhältnis von Vollzeit in Teilzeit, so stehen ihr die vollen Urlaubsansprüche, die sie während ihrer Vollzeittätigkeit erworben hatte, während ihres Teilzeitarbeitsverhältnisses zu, sofern sie diese bislang noch nicht nehmen konnte.
Praxisinhaber sollten prüfen, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen gewechselt wird
Erfolgt der Wechsel in der zweiten Jahreshälfte, so besteht der Urlaubsanspruch in voller Höhe, da ab dem 30. Juni bereits der volle Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen "erdient" worden ist. Dieser Arbeitnehmerin stehen mithin also 30 Urlaubstage zu.
Arbeitet sie ab August nur noch in Teilzeit, also wie oben angenommen an zwei Tagen, so fällt sie der Praxis 15 Wochen aus. Gleiches gilt für die Höhe des Urlaubsentgeltes: Ist eine Mitarbeitern künftig nur noch halbe Tage tätig, bleibt es für die bereits erdienten Urlaubsansprüche bei der Vergütung aus der Vollzeitbeschäftigung.
Voraussetzung ist jedoch, dass sie ihren Urlaub aus persönlichen Gründen, etwa wegen Erkrankung, oder aus praxisbedingten Gründen nicht nehmen konnte.
Praxisinhaber sollten sorgfältig prüfen, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen sie einem Wechsel eines Vollzeitarbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis zustimmen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine Medizinische Fachangestellte (MFA) nach der Elternzeit der Kinder wegen mit dem Wunsch an den Chef herantritt, ihre Arbeitszeit zu reduzieren.
Der vor der Elternzeit erworbene Urlaubsanspruch bleibt bestehen und verfällt nicht. Er ist vielmehr nach Beendigung der Elternzeit zu gewähren. Im Rahmen einer Teilzeittätigkeit erhöht sich die Ausfallzeit entsprechend.
Az.: C 486/08
Heike Jablonsky ist Fachanwältin für Medizinrecht und Arbeitsrecht in Celle. www.ra-jablonsky.de