Zweitmeinungsportal setzt auf Tumorboards
Die zweite Meinung, die ist gerade für Krebspatienten wichtig. Doch wer außerhalb von Ballungszentren wohnt, hat kaum die Möglichkeit, auch spezialisierte Tumorboards zu Rate zu ziehen. Ein neues Onlineportal soll dies nun ändern.
Veröffentlicht:MÜNCHEN (sto). Nach einer knapp dreijährigen Pilotphase geht die Health Management Online AG (HMO AG) aus Oberhaching bei München jetzt mit einem Onlineportal an den Start, das Krebspatienten die Möglichkeit gibt, bei ausgewiesenen Experten eine "zweite Meinung" zu ihrer Erkrankung einzuholen.
Über das Onlineportal der HMO AG würden Krebspatienten die Gelegenheit haben, ihren Fall im Rahmen eines Zweitmeinungsverfahrens von einem spezialisierten Tumorboard mit Experten aus Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung im ganzen Bundesgebiet begutachten zu lassen, sagte Dr. Udo Beckenbauer, niedergelassener Internist und Geschäftsführer der HMO AG.
Unterstützung bei Therapieentscheidung
"Mit unserem Angebot unterstützen wir Krebspatienten bei ihrer Therapieentscheidung." Der Service stehe aber auch Menschen zur Verfügung, die kein Internet haben.
Erfahrungen unter anderem aus der Zusammenarbeit mit der Felix Burda Stiftung beim Thema Darmkrebs in den vergangenen Jahren hätten gezeigt, dass es für Krebspatienten außerhalb von Ballungszentren oftmals schwierig ist, unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse eine zweite Meinung eventuell sogar mit einem speziellen Behandlungsvorschlag zu bekommen, erklärte Projektmanager Ekkehard Wolf.
Eine qualifizierte interdisziplinäre Zweitmeinung, die von einer Tumorkonferenz kommt, an der Chirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Radiologen und weitere Experten beteiligt sind, führe nicht selten zu veränderten Therapieempfehlungen.
Der Nutzen für die Patienten ist da
Die HMO AG hat seit Anfang 2009 für die Felix Burda Stiftung Zweitmeinungen bei Darmkrebs organisiert und in dieser Zeit bundesweit rund 400 Fälle bearbeitet.
Interne Berechnungen ergaben, dass in etwa 50 Prozent der Fälle die Zweitmeinung zum Teil erheblich von den Empfehlungen des Erstbehandlers abwich. Rund 70 Prozent der Abweichungen entfielen auf kleinere, nicht als Darmzentrum zertifizierte Kliniken.
Die meisten Patienten wechselten die Therapie und gingen in die Klinik, in der die Zweitmeinung erstellt wurde, oder wechselten in ein empfohlenes Zentrum.
Um Krebspatienten, die nicht in einem der führenden Zentren behandelt werden, den Zugang zu den dort schon seit längerem etablierten Tumorboards zu ermöglichen, sei ein erheblicher organisatorischer Aufwand erforderlich, so Wolf.
Daten der Tumorkonferenz über OnlineAkte (EPA)
Diese Arbeit übernähmen die Case-Manager des Unternehmens, die sich um die Beschaffung von vollständigen Behandlungsunterlagen und Untersuchungsergebnissen kümmern und diese dann digital aufbereiten.
Die Daten werden der Tumorkonferenz in einer OnlineAkte (EPA) übermittelt. Die Case-Manager unterstützen den Patienten zudem bei der Auswahl eines geeigneten Tumorboards und stehen bis zu einem halben Jahr nach der Abgabe einer Zweitmeinung für Rückfragen zur Verfügung.
Zwischen der ersten Kontaktaufnahme und der Zweitmeinung vergehen laut dem Unternehmen in der Regel nur wenige Tage.
Kosten für Zweitmeinung durch Tumorboard teilweise erstattungsfähig
Das Zweitmeinungsverfahren ist in der Startphase zunächst auf gastrointestinale, urogenitale und gynäkologische Krebsarten beschränkt.
Für den Vermittlungsservice und für die Erstellung einer Zweitmeinung durch ein führendes Tumorboard einer Uniklinik oder eines Krebszentrums in Deutschland berechnet das Unternehmen derzeit 379 Euro, wobei ein Teil des Betrags von den Kassen erstattungsfähig sei, erklärte Wolf.