"Zum Wohl Glykol": der Weinskandal

WIEN (dpa). Am 9. Juli 1985 platzte in Bonn die Bombe: An diesem Tag veröffentlichte das Bundesgesundheitsministerium eine offizielle Warnung vor österreichischen Weinen, die mit dem Frostschutzmittel Glykol gepanscht waren, um sie "lieblicher" zu machen.

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Durch den zum Teil beträchtlichen Zusatz der süß schmeckenden Substanz Diethylenglykol ist der Wein eine Gefahr für die Gesundheit. Tests bringen ans Licht, daß Dutzende Weine mit der Alkoholverbindung versetzt wurden, die Übelkeit, Durchfall und Krämpfe hervorrufen und in hohen Dosen tödlich wirken kann.

Die amtliche Veröffentlichung hat Folgen. Innerhalb weniger Wochen werden in Deutschland und anderen europäischen Ländern praktisch alle österreichische Weine aus den Regalen genommen.

Wenige Tage nach der Warnung durch das deutsche Ministerium schlagen die Wiener Behörden zu: Ein Dutzend Winzer und Weinhändler werden festgenommen. Inzwischen ist der Skandal auch nach Deutschland übergeschwappt.75 deutsche Weine kommen auf die Schwarze Liste.

Der Glykol-Skandal hat in Österreich und in Deutschland zunächst katastrophale Folgen für die Weinindustrie. In beiden Ländern kommt es zum rapiden Absatzrückgang. Glykol wird in Deutschland zum "Wort des Jahres 1985". In Österreich komponiert der steirische Barde Volker Schöbitz die spöttische Polka "Zum Wohl Glykol".

Doch am Ende hatte der Skandal in beiden Ländern ein "Happy End". Verschärfte Gesetze und ein deutlich gehobenes Qualitätsbewußtsein beim Konsumenten haben seither vor allem im kleinen Weinland Österreich zur vollständigen Erneuerung der Weinindustrie führte.

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