Erleichterte Therapie bei Knochenmark-Leiden

HAMBURG (awa). Myelodysplastische Syndrome (MDS) sind heterogene Erkrankungen der Stammzellen im Knochenmark. Die Syndrome treten vor allem bei älteren Patienten auf. Die Kranken erhalten meist Erythrozytensubstitutionen. In den USA wurde vor kurzem der Eisenchelat-Bildner Deferasirox zugelassen, mit dem die Therapie bei transfusionsbedingter chronischer Eisenüberladung einfacher wird.

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Den klinischen Verlauf bei MDS beschrieb Privatdozent Detlef Haase von der Universität Göttingen auf einer Veranstaltung des Unternehmens Novartis in Hamburg als extrem heterogen: Ein Drittel der Erkrankungen geht in eine akute Leukämie über, ein Drittel der Patienten stirbt an MDS-bedingten Komplikationen, wie Infektionen und Blutungen, und ein Drittel an altersbedingten Erkrankungen. Die Lebenserwartung liegt je nach Beteiligung biologischer Faktoren wie Zytogenetik, Alter und Blastenanteil zwischen weniger als sechs Monaten und mehr als 30 Jahren.

Das Leitsymptom bei MDS ist bei 90 Prozent der Patienten eine therapierefraktäre Anämie, die nicht auf eine Behandlung mit Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure anspricht und bei der standardmäßig eine Bluttransfusion und bei einem Fünftel der Patienten zusätzlich auch eine Erythropoetin-Therapie erfolgt, wie Haase sagte.

Patienten, die regelmäßig Transfusionen brauchen, hätten allerdings einen Eisenüberschuß von einem Gramm pro Monat. Erste Zeichen einer Eisenüberladung gebe es schon nach 10 bis 12 Transfusionen. Der Körper kann ungebundenes Eisen nicht ausscheiden.

Es zirkuliert im Plasma und führt zu schweren Schäden an Leber und Herz. Eine Eisenentzugstherapie - das freie Eisen wird gebunden und mit dem Urin oder Stuhl ausgeschieden - sei häufig essentiell und vermutlich auch lebensverlängernd, betonte Haase.

Die derzeitige Standardbehandlung mit Eisenchelat-Bildnern bereite den Patienten aber oft Probleme: Deferoxamin muß fünf bis sieben Mal pro Woche bis zu zwölf Stunden lang subkutan über die Bauchdecke infundiert, Deferipron zwei bis drei Mal pro Tag als Tabletten eingenommen werden.

In Zukunft könne die Behandlung jedoch einfacher sein, so Haase. Die Substanz Deferasirox (Exjade®) müsse nur einmal am Tag eingenommen werden: Die Tablette wird dazu in einem Glas Wasser oder Orangensaft aufgelöst.



STICHWORT

Myelodysplastische Syndrome

Myelodysplastische Syndrome (MDS) sind die häufigsten Knochenmarkerkrankungen bei Erwachsenen. Die Inzidenz bei Patienten über 80 Jahre liegt mit etwa 90 pro 100 000 Einwohnern pro Jahr gleich hoch wie die Gesamtinzidenz von Lungen- oder Brustkrebs. Die Gesamtinzidenz von MDS liegt bei 5 pro 100 000 pro Jahr, das mediane Erkrankungsalter bei 65 Jahren. Etwa 20 Prozent der Patienten entwickeln MDS nach Chemo- und Radiotherapie und nach beruflicher Exposition mit Lösungsmitteln, etwa zehn Prozent nach einer Erkrankung, etwa einer aplastischen Anämie. Bei 70 Prozent ist die Ätiologie unbekannt. Eine Schadstoffanreicherung im Laufe des Lebens könnte ursächlich beteiligt sein.

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