Lungenfibrose

Autoimmune Prozesse unter Verdacht

Forscher haben Antikörper bildende Plasmazellen im vernarbten Lungengewebe gefunden.

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MÜNCHEN. Möglicherweise sind Autoimmunprozesse ursächlich an bestimmten Formen der Lungenfibrose beteiligt, deren Krankheitsursache bisher ungeklärt ist (American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine 2017; online 27. Juni). Das berichten Forscher am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL), gemeinsam mit Kollegen vom Klinikum der LMU München und dem Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München.

Der Begriff interstitielle Lungenerkrankung (ILD) fasst eine Vielzahl verschiedener Krankheitsbilder zusammen, die mit einer Fibrosierung des Lungengewebes verbunden sind. Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine davon. Dabei kommt es ja zu einer vermehrten Bildung von Bindegewebe in der Lunge, was deren Dehnbarkeit verringert, die Sauerstoffaufnahme beeinträchtigt und insgesamt zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion führt. "Die hinter den einzelnen Krankheitsbildern liegenden Mechanismen sind nicht ausreichend bekannt und daher Gegenstand unserer Forschung", wird Dr. Herbert Schiller in einer Mitteilung des Helmholtz Zentrum München zur Veröffentlichung der Studie zitiert. Schiller ist seit vorletztem Jahr DZL-Nachwuchsgruppenleiter am Institut für Lungenbiologie des Helmholtz Zentrums Münchenund war zuvor am Max-Planck-Institut für Biochemie tätig. Gemeinsam mit der dort ansässigen Gruppe von Professor Matthias Mann haben er und sein Team nun Gewebeproben von ILD-Patienten massenspektrometrisch untersucht.

Insgesamt analysierten die Forscher Lungengewebe von 45 Patienten mit verschiedenen Formen einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) und verglichen sie mit den Proben von zehn gesunden Kontrollpersonen. Darüber hinaus untersuchten sie bei sechs Patienten mit fibrotischen Hauterkrankungen das Gewebe aus erkrankten und gesunden Hautbereichen.

"Interessanterweise konnten wir sowohl in der Lunge als auch in der Haut der Fibrose-Patienten vermehrt Proteine identifizieren, die maßgeblich in Antikörper produzierenden B-Zellen, sogenannten Plasmazellen, vorkommen", so Schiller. Beobachtungen unter dem Mikroskop bestätigten diese Ergebnisse. Das ließe vermuten, dass bei manchen Patienten womöglich eine Autoimmunerkrankung gegen noch unbekannte Proteine in der Lunge ursächlich an der Krankheit beteiligt sei, so die Autoren.

"In unserer Arbeit haben wir zahlreiche Antikörper bildende Plasmazellen im vernarbten Lungengewebe gefunden und die Menge dieser Zellen war mit der Abnahme der Lungenfunktion der Patienten korreliert", erklärt Schiller. Ein kausaler Zusammenhang lasse sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht direkt beweisen, daher seien weitere Studien geplant. "Der Schlüssel zur besseren diagnostischen Einordnung in der Zukunft und möglichen immuntherapeutischen Ansätzen könnte die massenspektroskopische Identifikation von Autoantikörpern und deren Antigenen aus dem Blut von ILD-Patienten sein", blickt Schiller voraus. Seine Nachwuchsgruppe ist derzeit dabei, neue Methoden zur Charakterisierung der Autoantikörper zu entwickeln und an größeren Patientenkohorten zu untersuchen, wie das Helmholtz Zentrum München mitteilt.

"Insbesondere bei der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) ist die Krankheitsursache bisher völlig ungeklärt", erläutert Schiller. "Die Prognose der IPF mit einem durchschnittlichen Überleben von zwei bis fünf Jahren nach Diagnosestellung ist als schlecht einzustufen und vergleichbar mit dem von vielen Krebs Erkrankungen der Lunge."

Seit Kurzem stehen zur Therapie der IPF die beiden antifibrotischen Medikamente Pirfenidon und Nintedanib zur Verfügung. Da die antifibrotischen Medikamente allerdings letztlich den Krankheitsverlauf nur verlangsamen aber nicht aufhalten können, bleibe zum jetzigen Zeitpunkt die Lungentransplantation die einzige definitive Therapie der IPF, erinnert das Helmholtz Zentrum in seiner MItte lung.(eb)

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