Demenzrisiko wird durch Rauchen erhöht

Von Seiten der Tabaklobby wird gerne behauptet, dass Rauchen vor Morbus Alzheimer schütze. Einer großen Studie zufolge ist das Gegenteil der Fall.

Von Peter Wallner Veröffentlicht:
Laut der amerikanischen Studie wird durch jahrelanges intensives Rauchen nicht nur die Lunge geschädigt sondern auch das Gehirn.

Laut der amerikanischen Studie wird durch jahrelanges intensives Rauchen nicht nur die Lunge geschädigt sondern auch das Gehirn.

© Hannes Strasser / fotolia.com

OAKLAND. Rauchen steht bekanntlich mit vielen Erkrankungen im Zusammenhang. Man schätzt, dass jährlich rund fünf Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens sterben. Hinzu kommen etwa 600.000 Todesfälle durch Passivrauchen.

Was neurodegenerative Erkrankungen betrifft, wird dem Rauchen jedoch in Bezug auf Morbus Parkinson eine gewisse Schutzfunktion zugesprochen. Die Studienlage zum Thema "Rauchen und Alzheimer" gilt als kontrovers.

Allerdings ergab eine kürzlich publizierte Metaanalyse der Universität von Kalifornien in San Francisco, dass lediglich Studien, deren Autoren ein Naheverhältnis zur Tabakindustrie hatten, einen schützenden Effekt des Rauchens fanden.

Generell ist es nicht einfach, den Einfluss des Rauchens auf die Entwicklung einer Demenz zu untersuchen. "Viele Raucher sterben, bevor eine Demenz auftreten konnte", so Dr. Rachel Whitmer, Kaiser Permanente Division of Research in Oakland im US-Staat Kalifornien.

Für die große Studie "Heavy Smoking in Midlife and Long-term Risk of Alzheimer Disease and Vascular Dementia" konnten Whitmer und ihre Kollegen auf Daten von über 21.000 US-Bürgern zurückgreifen (Arch Int Med online).

Die erste Datenerhebung hatte dabei stattgefunden, als die Studienteilnehmer ein mittleres Lebensalter hatten (1978 bis 1985). Rund zwei Jahrzehnte später wurde überprüft, wie viele Personen eine Demenz entwickelt hatten. Whitmer: "In einem Follow-up-Zeitraum von im Schnitt 23 Jahren wurde bei insgesamt 5367 Personen, das sind 25,4 Prozent, eine Demenz diagnostiziert. In 1136 Fällen handelte es sich um Morbus Alzheimer und in 416 Fällen um eine vaskuläre Demenz."

Das Risiko für eine Demenz war bei Personen, die im mittleren Lebensalter mehr als zwei Päckchen am Tag geraucht hatten, um 114 Prozent erhöht (Relatives Risiko: 2,14). Im Hinblick auf die Entwicklung einer Alzheimer-Krankheit war das Risiko um 157 Prozent, für vaskuläre Demenz um 172 Prozent erhöht.

Bei der statistischen Analyse des Zusammenhangs zwischen Rauchen und Demenz wurden unter anderen folgende Faktoren berücksichtigt: Alter, Geschlecht, formale Bildung, Familienstand, Hypertonie, Hyperlipidämie, Body-Mass-Index, Diabetes, Herzerkrankungen, Schlaganfall und Alkoholkonsum.

"Die negativen Auswirkungen des Rauchens fanden sich bei Männern und Frauen", so Whitmer. Der Zusammenhang zwischen starkem Rauchen und Morbus Alzheimer oder Demenzerkrankungen allgemein sei vermutlich durch einen komplexen Mechanismus bedingt, der im Gehirn sowohl die Blutgefäße als auch die Zellen schädigt, so die Autoren.

"Unsere Studie war die erste, die die langfristigen Auswirkungen des Rauchens auf das Gehirn in einer großen Kohorte untersuchte", so Whitmer. Sie habe ergeben, dass das Gehirn nicht immun gegen die Folgen intensiven Rauchens ist. Die Studie füge so zur Liste schädlicher Effekte des Rauchens nun den Beleg für eine weitere negative Auswirkung hinzu, die in einer alternden Gesellschaft besonders bedeutsam sei.

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