Schema zur Insulininjektion bei Kortikoidtherapie

BONN (hbr). Eine orale Glukokortikoid-Therapie kann bei Diabetikern den Blutzucker außer Kontrolle geraten lassen - sie benötigen daher mehr Insulin. Wieviel und wann, das läßt sich einfach berechnen.

Veröffentlicht:

Oral verabreichte Glukokortikoide erhöhen den Blutzucker, weil sie die Insulinsekretion der Bauchspeicheldrüse bremsen und die Glukoseaufnahme in die Skelettmuskulatur verringern. Daran hat Professor Klaus Mann vom Uniklinikum Essen erinnert.

Wie stark dabei der Insulinbedarf von insulinpflichtigen Patienten steigt, dazu existieren keine Studien, sondern nur empirische Empfehlungen. Immerhin: "Es gibt ein Schema, mit dem man in der Praxis einigermaßen arbeiten kann", so Klaus Mann beim Symposium für praktische Diabetologie in Bonn.

Dieses Schema erlaubt eine erste Schätzung des Zusatzbedarfs. Man braucht dazu den mittleren Tagesbedarf an Normal- plus Basalinsulin und die Kortikoiddosis in Prednison-Äquivalenten (7,5 mg Prednison entsprechen etwa 30 mg Hydrocortison oder 1 mg Dexamethason).

Demnach benötigen die Patienten bei 20 mg Prednison-Äquivalent etwa 20 Prozent mehr Altinsulin. Bei 30 mg sind es 30 Prozent, bei 40 mg steigt der Bedarf um 40 Prozent und bei 60 mg um 50 Prozent. Empfohlen wird, das Zusatz-Insulin zeitlich aufzuteilen.

Weil der Blutzuckeranstieg zeitversetzt beginnt, in der Regel etwa drei Stunden nach der Kortikoideinnahme, werden 60 Prozent des zusätzlichen Insulins drei Stunden nach der Einnahme gegeben. Ein Viertel injiziert der Patient nach sechs Stunden, die übrigen 15 Prozent nach neun Stunden.

Ein Typ-2-Patient mit einer Tagesdosis von insgesamt 54 Einheiten Basal- und Altinsulin benötigt demnach bei 60 mg Prednison 27 zusätzliche Einheiten. Erfolgt die Tabletteneinnahme um acht Uhr morgens, dann injiziert er 16 zusätzliche Einheiten um elf Uhr, sieben um 14 Uhr und weitere vier um 17 Uhr.

Das Aufteilungsprinzip gilt für Medikamente mit relativ kurzer Halbwertszeit wie Hydrocortison (acht bis zwölf Stunden) oder Prednison (zwölf bis 36 Stunden), aber auch für ein langwirkames Kortikoid wie Dexamethason, sagt Dr. Harald Lahner von der Essener Uniklinik.

Dexamethason wirkt zwar mit einer Halbwertszeit von 36 bis 72 Stunden erheblich länger. Die stärkste Wirkung entsteht aber nach drei bis sechs Stunden. Die erste Zusatzinjektion erfolgt also wie üblich.

Anschließend ist jedoch eine längere Blutzuckerkontrolle zu empfehlen. Denn wegen der ausdauernden Wirkung des Präparates kann es erforderlich sein, die restliche Insulinmenge über einen längeren Zeitraum zu verteilen.

Generell sollte man bei einer Kortikoidtherapie gleich zusätzliches Insulin geben und nicht erst warten, bis die erhöhten Blutzuckerwerte tatsächlich meßbar sind, sagte Mann.

Mehr zum Thema

Staatliche Unabhängigkeit in Gefahr?

Diabetesgesellschaft und AWMF besorgt über ÄZQ-Aus

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen